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Uraufführungen: Zwei für das deutsch-katalanische Projekt "Menschen, Autos und das Öl" entstandene Stücke im Schauspiel Stuttgart

Premiere: Mittwoch 4. Mai 2011, 19 Uhr, Niederlassung Türlenstraße/Werkhalle (Türlenstr.2). -----

 

Eine Koproduktion von Schauspiel Stuttgart und dem Teatre Romea, Barcelona. Zwei Städte, zwei Theater, zwei Uraufführungen neuer Stücke - ein gemeinsames Projekt.

 

 

Im Sommer 2008 verabredeten sich das Teatre Romea in Barcelona, das von dem Regisseur Calixto Bieito geleitet wird, und das Schauspiel Stuttgart zu einem gemeinsamen Theaterprojekt. Stuttgart und Barcelona sind bedeutende Zentren der Autoindustrie. Die Theater beschlossen daher, jeweils einen Autor aus dem eigenen Land zu beauftragen, ein Stück über die Rolle des Autos für das Leben der Menschen in der jeweiligen Stadt zu schreiben. Am 4. Mai erleben beide Stücke in Stuttgart ihre Uraufführung. Anschließend werden sie auf dem internationalen Theaterfestival von Salamanca und in Barcelona gezeigt.

 

In Barcelona schrieb der katalanische Autor Marc Rosich unter dem Titel "Car Wash" ein Stück, das von der deutschen Regisseurin Annette Pullen in Barcelona inszeniert wird. Parallel dazu inszeniert der katalanische Regisseur Josep Galindo in Stuttgart das Stück "Das Gestell" von Soeren Voima. Die Bühnenbildnerin Rebecca Ringst, die bereits sowohl in Stuttgart als auch in Barcelona gearbeitet hat, entwirft für beide Stücke einen gemeinsamen Bühnenraum.

 

Theater agieren lokal, sie bilden ein künstlerisches und kommunikatives Forum im Hier und Jetzt und sind damit, anders als die technischen Medien, nicht beliebig aus ihrem unmittelbaren Kontext zu versetzen. Gleichzeitig müssen auch die Theater auf eine zunehmend vernetzte Welt reagieren, in der lokale Entscheidungen Auswirkungen über Kontinente hinweg haben können. Partnerschaften zwischen Theatern verschiedener Regionen und Kulturen sind ein entscheidender Schritt, damit das Theater moderne Wirklichkeiten künstlerisch abbilden kann.

 

Stuttgart und Barcelona sind Zentren der Autoindustrie. Mit der Daimler AG, dem größten Arbeitgeber der Region mit dem Stammwerk in Untertürkheim, Porsche in Zuffenhausen und den vielen Zulieferern der Autoindustrie in und um Stuttgart hat die Stadt ihren Ruf als eine der wichtigsten Autostädte der Welt begründet. In Barcelona befindet sich der Hauptsitz von SEAT, ein Konzern, der mittlerweile (ebenso wie Porsche) zur VW-Gruppe gehört. Die Zulieferindustrie ist in beiden Städten über viele Firmen und Niederlassungen verbunden, Entscheidungen in Stuttgart beeinflussen die Arbeitsverhältnisse in Barcelona und umgekehrt. So hatten sich zum Beispiel am 21.12.2007 Arbeitnehmerinnen im Werk "Frape Behr" in Barcelona in die Fabrik eingeschlossen, um gegen angekündigte Entlassungen zu protestieren. "Frape Behr" gehört zu "Behr Industries", einem international agierenden, bedeutenden Hersteller von Klimaanlagen und Motorkühlungs-Systemen mit Hauptsitz in Stuttgart.

 

Uraufführung

Das Gestell

von Soeren Voima

Eine Produktion des Schauspiel Stuttgart im Rahmen des deutsch-katalanischen Projekts "Menschen, Autos und das Öl"

Regie: Josep Galindo, Bühne: Rebecca Ringst, Kostüme: Irmela Schwengler, Musik: Andrew Zbik, Dramaturgie: Christian Holtzhauer

 

Mit: Marietta Meguid, Jörg Petzold, Christian Schmidt, Michael Stiller, Nadja Stübiger, Till Wonka

 

Torben, Karl und Imme lernen sich während des Studiums kennen - und zwar bei einer Veranstaltung des globalisierungskritischen Netzwerks attac, für das Torben sich engagiert. Karl verliebt sich sofort in Imme, doch die hat nur Augen für Torben. Die beiden werden ein Paar, und bald ist Nachwuchs unterwegs. Konfrontiert mit der Notwendigkeit, eine Familie zu ernähren, hängt Torben sein politisches Engagement an den Nagel und bewirbt sich auf einen "richtigen" Job - ausgerechnet bei einem großen Autobauer im Südwesten Deutschlands. Ein völlig neuartiges, ökologisch wie auch politisch einwandfreies Fahrzeug soll entwickelt werden, und Torben soll nicht trotz sondern gerade wegen seiner politischen Einstellungen daran mitwirken. Ein Umzug nach Stuttgart steht an, Torbens Heimatstadt. Doch der Versuch, das Familien- mit dem Berufsleben, die eigenen Überzeugungen mit den Erwartungen der Gesellschaft zu vereinen, gestaltet sich zunehmend schwierig. Kompromisse müssen her, die eigenen Ansprüche und Ideale werden allmählich korrumpiert oder gleich ganz aufgegeben. Imme entfremdet sich ihrem Mann, und plötzlich taucht auch Karl wieder auf, dessen Leidenschaft für Imme nie ganz erloschen ist. Und während Imme zu träumen beginnt, dass das Auto, an dem ihr Mann arbeitet, ihr ganzes Leben zu dominieren beginnt, und daher nach einem radikalen Ausstieg sucht, muss Torben schließlich erkennen, dass die Macht des scheinbar Faktischen - in diesem Falle des Marktes - seine Hoffnungen auf ein wirklich alternatives Fahrzeug zunichte macht.

 

In seinem neuen und zugleich vierten Stück für das Schauspiel Stuttgart erzählt Soeren Voima von den Schwierigkeiten, ein "richtiges", also bspw. ökologisch und politisch bewusstes Leben zu führen in einer Zeit und einer Umwelt, die permanent zu bequemen Kompromissen verleitet.

 

Uraufführung

Car Wash

von Marc Rosich

In katalanischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Eine Produktion des Teatre Romea, Barcelona, im Rahmen des deutsch-katalanischen Projekts "Menschen, Autos und das Öl"

Regie: Annette Pullen, Bühne: Rebecca Ringst, Kostüme: Barbara Drosihn, Dramaturgie: Kekke Schmidt

Mit: Jordi Andújar, Mercè Arànega, Cristina Gàmiz, Oriol Genís, Mirèia Pàmies, Carme Poll

 

Ein Ort am Ende der Welt. Hier versucht Ingrid, ehemalige Arbeiterin beim SEAT-Werk, die auf Grund der Finanzkrise mit einer hohen Abfindung gekündigt wurde, eine Tankstelle mit Autowaschanlage wieder flott zu machen. Der verlassene Ort ist die Erbschaft ihres Onkels Román, von dem es immer hieß, er habe als spanischer Gastarbeiter bei einem deutschen Autobauer heroisch etwas aufgebaut, während bei näherem Hinsehen seine Geschäfte dubioser erscheinen. Zur Unterstützung ihres unternehmerischen Projekts hat Ingrid ihre Freundin Irene aus wechselnden Zeitjobs und online-Kursen losgeeist. Dritter im Bunde ist Ingrids Vater Damián - selbst unter den Entlassungsopfern von SEAT -, der sich nicht nur finanziell nützlich machen will. Eine erste Zeit lang kamen die Autos, jetzt bleiben sie aus. Mit diffusem Warten auf Kundschaft sowie der Reparatur der Waschanlagen vertreiben sie sich die Zeit - Gestrandete auf der Suche nach einer neuen Chance. Um sie herum eine seltsame Brache der Zivilisation: die nie fertiggestellten Immobilienobjekte der großen Spekulationsblase, durch die eine leicht surreal anmutende Frau, die sich Aurora nennt, ihre Führungen macht.

 

*****

 

Vorstellungen beim internationalen Theaterfestival in Salamanca: 4. und 5. Juni 2011

Premiere und Vorstellungen in Barcelona: 8. bis 11. Juni 2011

Doppelvorstellungen (in deutscher und katalanischer Sprache)

Weitere Einzelvorstellungen der Stuttgarter Produktion (in deutscher Sprache) im Mai

 

Gefördert im Fonds Wanderlust der Kulturstiftung des Bundes.

Mit freundlicher Unterstützung durch das Institut Ramon Llull, Berlin.

Raum: Rebecca Ringst, Projektleitung: Christian Holtzhauer, Konzept: Jörg Bochow

 

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