Er schrieb und dachte in eigener Sache: als Protagonist wie Analytiker, als scharfsinniger Beobachter und Kritiker bürgerlicher Lebenskonstrukte. Realismus, Psychologie und Mythologie bilden bei dem Theaterautor Ibsen eine hoch explosive Mischung, in der er das Denken und Fühlen seiner Figuren und die Komplexität aller Beziehungen schildert: Liebe, Hass, Abhängigkeit, Schuld, Verstrickung in die eigene Vergangenheit und die Sehnsucht nach einem neuen Lebensentwurf. Nicht zuletzt darum geht uns Ibsen bis heute unter die Haut – und weil sein Werk auf der Schwelle zur Moderne »von der Sehnsucht des Menschen kündet, anders zu leben, als er es tut.« (Aldo Keel). Hin- und hergerissen zwischen Kompromiss und Bedingungslosigkeit, Wirklichkeit und Wunsch, Banalität und Ideal versuchen sich Ibsens Charaktere inmitten ihrer ›Dramen‹ zu behaupten – auf der Suche nach ihrem Leben, sei es in der Welt oder innerhalb ihrer vier Wände.
PROGRAMM - Von wegen Ibsen!
Donnerstag, 04.02.2010
19:00 Uhr | Probebühne Kleines Haus
Eröffnung der »7. Braunschweiger Klassikerwoche« durch Generalintendant Wolfgang Gropper
19:30 Uhr | Bühne Kleines Haus
Nora oder ein Puppenhaus (Premiere)
von Henrik Ibsen, aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel
»Ich will herausfinden, wer recht hat, die Gesellschaft oder ich«, sagt Nora als sie Mann und Kinder verlässt und in eine vage Zukunft aufbricht. Mit »Nora oder Ein Puppenhaus« wird die 7. Braunschweiger Klassikerwoche "Von wegen Ibsen!" am 4.2. eröffnet. Nora, die ihrem Ehemann einst ohne sein Wissen mit einer gefälschten Unterschrift Gesundheit und Karriere rettete, wird durch eine Erpressung gezwungen, ihrem Mann den Fehltritt zu beichten. Als sich die Wogen glätten, realisiert Nora, dass sie ihr Leben mit einem Fremden verbracht hat.
In der Regie von Karin Koller spielen Ulrike Requadt (Nora), Andreas Bruno Beeke (Helmer), Marianne Heinrich (Frau Linde), Mattias Schamberger (Dr. Rank), Andreas Bißmeier (Rechtsanwalt Krogstadt) und Claudia Plöckl (Kindermädchen).
Bühne und Kostüme: Monika Frenz – Musik: Vicki Schmatolla
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Freitag, 05.02.2010
19:00 Uhr | Probebühne Kleines Haus
Kurzeinführung zu »Peer Gynt«
19:30 Uhr | Bühne Kleines Haus:
Gastspiel des Staatstheaters Kassel
Peer Gynt von Henrik Ibsen
Deutsche Fassung von Peter Stein und Botho Strauß unter Verwendung
der Übersetzung von Christian Morgenstern und Georg Schulte-Frohlind
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Samstag, 06.02.2010
18:00 Uhr | Probebühne Kleines Haus
Podiumsdiskussion:
»Ich will herausfinden, wer recht hat, die Gesellschaft oder ich.«
Sind Ibsens Antihelden die eigentlichen Realisten des bürgerlichen Lebens?
»Peer, du lügst«, sagt Aase zu ihrem Sohn, der sich nicht einfangen lässt vom Gesetz der Notwendigkeit und Kaiser werden möchte. Und Noras Ehemann tadelt die angebliche Leichtfertigkeit seiner Gattin, von deren tatsächlicher Entschlusskraft er nichts ahnt. Ibsens Hauptfiguren müssen nicht nur für ihre Sicht der Dinge Kritik einstecken. Sie sind selbst die Schlachtfelder gesellschaftlicher Konflikte und Machtverhältnisse. In ihren Biographien hat die bürgerliche Welt ihre Spuren und Widersprüche hinterlassen. Werden sie kalt gestellt, sobald sie danach fragen, ob die Dinge nicht anders sein könnten?
Mit: Anja Dirks (Festival Theaterformen), Hinrich Schmidt-Henkel (Übersetzer, angefragt), Stefan Keim (Journalist), Marianne Freidig (Autorin), Karin Koller, Sebastian Schug (Regisseure), Moderation: Stephanie Junge
20:00 Uhr | U 22
Gift – Wiederherstellung des Paradieses (Deutsche Erstaufführung)
von Marianne Freidig
Kuno und Betty tun sich schwer mit ihrem verhaltensauffälligen Kind. Das Leben mit der Tochter zehrt an den Kräften, an der Beziehung und ermöglicht in keiner Weise das, was man sich unter einem harmonischen Familienleben vorgestellt hatte. Nach zwölf Jahren Elternzeit möchten Kuno und Betty sich die Zukunft auch noch mal ohne Kind gestalten und sich mehr um sich selbst kümmern. Marianne Freidig, erfolgreiche Schweizer Dramatikerin, schildert psychologisch bestechend und nicht ohne Humor eine abgründige Situation.
Inszenierung: Henning Bock, Bühne und Kostüme: Monika Frenz, Dramaturgie: Stephanie Junge
MIT:Jürgen Beck-Rebholz (Kuno), Marion Bordat (Betty)
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Sonntag, 07.02.2010
17:00 Uhr | Universum Filmtheater
Stützen der Gesellschaft
von Detlef Sierck
Wer anderes als Detlef Sierck, der zwei Jahre nach diesem Film Hitler-Deutschland verließ und in den USA als Douglas Sirk zum Meister des Melodrams aufstieg, wäre geeignet, das dramatische Bühnenstück von Ibsen wirkungsvoll für die Leinwand zu adaptieren, und wer anderes als Heinrich George hätte den reichen und skrupellosen Reeder, der durch die Ankunft seines Schwagers aus den USA, der die dunklen Punkte seiner Vergangenheit kennt, aus der Bahn geworfen wird, spielen können? Bereits vor Hollywood erwies sich Sierck als Meister des Genres, mit dem er Triumphe feiern sollte.
Regie: Detlef Sierck, D 1935, 80 min
Mit: Heinrich George, Maria Krahn,Horst Teetzmann, Albrecht Schoenhals, Suse Graf u. a.
Mit einer Einführung von Prof. Dr. Heike Klippel, HBK und anschließender Diskussion
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Montag, 08.02.2010, 19:00 Uhr | Probebühne Kleines Haus
Kurzeinführung zu »Ego Shooter: Generation Peer«
19:30 Uhr | Bühne Kleines Haus
Gastspiel der Skala Schauspielhaus Leipzig
Ego-Shooter: Generation Peer nach Henrik Ibsen
Das eigene Ich als Zwiebel – nur Schalen, kein Kern. Mit seinen Phantasiegespinsten verweigert sich Ibsens »Peer Gynt« der Realität und damit sich selbst. Der Traum vom großen Erfolg, vom schnellen Glück, vom Reichtum über Nacht und die Unzufriedenheit mit dem Hier und Jetzt sind Antrieb und Ausdruck für Wünsche und Sehnsüchte heutiger Jugendlicher. Wenige realisieren, dass sie bei ihrer Suche dem Gynt’schen Ich nacheifern und sich auf diesem Weg selbst verlieren. Die Figur des realitätsfernen Träumers und Lügners Peer Gynt ist längst zum Prototypen eines narzisstischen Lebensmodells geworden, das für unsere Gesellschaft charakteristisch ist. Die Inszenierung mit Schauspielstudenten der Hochschule für Musik und Theater Leipzig konfrontiert Ibsens Stoff mit den Strategien heutiger »Ich-Eiferer«.
Inszenierung: Martina Eitner-Acheampong, Bühne: Marie Roth, Kostüme: Yvette Schuster, Dramaturgie: Michael Billenkamp, Johannes Kirsten.
Mit: Natalia Belitski,Georg Böhm, Lisa Jopt, David Kosel, Jannik Nowak,
Albrecht Schuch, David Simon, Johann David Talinski
im Anschluss | Probebühne Kleines Haus
Publikumsgespräch zu »Ego-Shooter: Generation Peer« mit Regisseurin Martina Eitner-Achaempong und Mitgliedern des Ensembles
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Dienstag, 09.02.2010
19:00 Uhr | Probebühne Kleines Haus
Kurzeinführung zu »Nora oder Ein Puppenhaus«
19:30 Uhr | Bühne Kleines Haus
Nora oder ein Puppenhaus von Henrik Ibsen, aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel
20:00 Uhr | U 22
Wiedergänger
nach Henrik Ibsens »Gespenster«
»Das ist just der Geist des Aufruhrs, glücklich sein zu wollen auf dieser Welt.«
Wie die Vergangenheit die Gegenwart aus den Angeln hebt, ist eines von Ibsens zentralen Themen. In »Gespenster« rutscht eine ganze Familie in den Strudel von wohlgehüteten Geheimnissen, erstickten Sehnsüchten und einer unmöglich gewordenen Zukunft. Doch die Unübersichtlichkeit der Lügen trifft am Härtesten den Einzelnen. Jörg Wockenfuß‘ und Gunnar Blumes Dialog mit den Wiedergängern ist ein Monolog ums eigene Leben.
Idee & Realisation: Jörg Wockenfuß.
Mit: Gunnar Blume
im Anschluss | Probebühne Kleines Haus
Publikumsgespräch zu »Nora« und »Wiedergänger« mit Mitgliedern des Ensembles