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„wohnen. unter glas“ von Ewald Palmetshofer am Schauspiel Leipzig

Premiere 14.02.14 | 20 Uhr, Schauspielhaus, Diskothek. -----

Kommt noch was Wesentliches – oder wars das schon? Die Unsicherheit darüber scheint eine ganze Generation befallen zu haben. Babsi, Jeani und Max machen in „wohnen. unter glas“ von Ewald Palmetshofer, keine Ausnahme. Ein lakonischer, sprachlich virtuoser Text des mehrfach preisgekrönten Autors.

Drei Mittdreißiger treffen sich in einem Hotel. Zwei Frauen, ein Mann. Früher waren sie eine WG. Immer zusammen, immer viel gemacht. Dann kamen Kreuzungen, an denen jemand die andere Richtung genommen hat und dann noch jemand, einfach abgebogen, und einer blieb zurück. Muss ja sein, ist normal. Aber tut trotzdem weh, wenn aus Freunden Bekannte werden.

 

Aber da ist diese große Hoffnung, dass das alles nur der lange Anfang ist von etwas Großem, Schönem. Es kommen ja noch viele Kreuzungen für alle. Der Zenit, der ist noch lange hin.

 

Und dann gibt es dieses Treffen, das den anderen zeigen soll, wie weit man gekommen ist, wie weit man es gebracht hat. Die alten Muster, die gibt es nicht mehr. Die alte Zeit, da ist man drüber hinaus. Wenn man ganz ehrlich ist, war ja damals auch nicht alles so toll. Viel Notgemeinschaft, wenig Leben. Oder vielleicht doch nicht?

 

Die Figuren in „wohnen. unter glas“ leben in einer Zwischenzeit. Sie wachsen aus etwas heraus — aber was ist das, in das sie jetzt hineinwachsen? Kann man der Vergangenheit noch glauben, die bisher die emotionale Basis geliefert hat fürs Leben, auch wenn sie mittlerweile echt lang her ist? Und andererseits — welche ist die Abbiegung, die man nehmen muss, um im richtigen Leben anzukommen? Kommt die noch oder war die schon? Aktuell jedenfalls geht es nicht wirklich gut voran. Gläserne Decken lauern überall, an denen es irgendwie nicht weitergeht. Und jeder kann dir dabei zusehen ... wohnen. unter glas.

 

Hochtourig und in einer sehr eigenen Sprache, zwischen enormer Lakonik und scheinbarer Ziellosigkeit, zwischen Alltagssprech und hochverdichteter Poetik, skizziert Ewald Palmetshofer ein sehr eindrückliches Stück Gegenwart über den langen Abschied von der Jugend, der bis tief ins Erwachsenenleben dauert.

 

Die Karriere des österreichischen Autors begann 2005 mit dem Retzhofer Literaturpreis; „wohnen. unter glas“ wurde 2008 am Schauspielhaus Wien uraufgeführt und für den Nestroy-Theaterpreis nominiert. Seine Stücke wurden wiederholt am Schauspielhaus Wien uraufgeführt, am Nationaltheater Mannheim sowie zuletzt am Burgtheater Wien, und mehrfach zu den Mülheimer Theatertagen eingeladen.

 

Matthias Kaschig, der an der Universität Hamburg Regie studierte, arbeitet regelmäßig im Bereich der Gegenwartsdramatik und inszenierte Texte von Autoren wie Johannes Schrettle, Rebekka Kricheldorf, Lukas Bärfuss oder Roland Schimmelpfennig; 2011 erarbeitete er bei den Autorentheatertagen des Deutschen Theaters Berlin „Getränk Hoffnung“ von David Lindemann. Regelmäßig inszenierte er an Häusern wie dem Bremer Theater, dem Theater Bonn, dem Theater Bern sowie am Schauspiel Essen.

 

Regie: Matthias Kaschig,

Bühne & Kostüme: Jürgen Höth,

Musik: Tobias Vethake,

Dramaturgie: Torsten Buß

 

Mit: Anna Keil, Mathis Reinhardt, Annett Sawallisch

 

Weitere Vorstellungen: 22. Feb; 5., 18. und 28. Mär; jeweils 20 Uhr

 

 

 

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