Rafael Spregelburd
Alles
Deutsch von Sonja und Patrick Wengenroth
Eine Gruppe Verwaltungsbeamter verbrennt einen Haufen Geld und weiß eigentlich gar nicht warum. An ihre eigentliche Aufgabe in der Behörde kann sich niemand mehr erinnern, am wenigsten sie selbst. Ein Performancekünstler verbrennt Band 1 des Gesamtwerks von Heidegger und lebt seither von Stipendien. Allerdings kommt es seither immer wieder zu Streitigkeiten in der Familie. Und ein namenloses krankes Baby beschwört während eines Gewitters unerklärliches Grauen herauf, das nicht mit Worten zu beschreiben ist...
Rafael Spregelburd jüngstes Stück ist – wie schon der Titel verspricht – ein pompöses und zugleich einfaches Werk über schlicht und ergreifend alles. Über alles, was passiert, wenn ein Volk sich entscheidet, sich als solches zu bezeichnen. Ist Geschichte tatsächlich ein „Prozess ohne Subjekt“? Wo bleiben dann die persönlichen Erfahrungen? Und wie entsteht Identität? Warum wird ein Staat immer zur Bürokratie? Warum wird Kunst immer zum Geschäft? Warum wird Religion zum Aberglauben?
Von Rafael Spregelburd, dem Meister des bewussten Unsinns, darf man sich nicht allzu viele Antworten erhoffen. Im Gegenteil: er nimmt sich die absolute Freiheit, nicht auf diese Fragen zu antworten. Dafür erfindet er absurd-groteske Fabeln, in denen Figuren auftauchen, die diese Fragen in Fleisch und Blut verkörpern, bis die Welt auf der Bühne die größtmögliche Unabhängigkeit vom gesunden Menschenverstand erreicht.
Inszenierung: Rafael Spregelburd │ Bühne: Steven Koop ││ Kostüme: Ursina Zürcher
Mit: Barbara Behrendt (Belén/Dai Chi/Erzählerin 2/Celina), Anne-Kathrin Bartholomäus (Nelly/Diana), Christian Schulz (Guillermo/Del Mónico/Doktor Carpio), Olaf Becker (Kunde/Erzähler 1/Fano/Ramiro), Thomas Birnstiel (Omar/Der Besucher und die Stimme des Besuchers)
William Shakespeare
König Lear
Aus dem Englischen von Werner Buhss
König Lear vererbt vorzeitig sein Reich an seine beiden älteren Töchter, nachdem er seine jüngste und liebste Tochter Cordelia aus verletztem Vaterstolz verstoßen hat. Bald muss er erkennen, dass er ohne äußere Macht keinen politischen und menschlichen Wert mehr besitzt: in der Sphäre von patriachaler Macht und Herrschaft sind Dankbarkeit und Elternliebe nicht zu erwarten. Aus dem Haus getrieben, den Naturgewalten ausgesetzt, wird Lears (autoritäre) Welt verrückt.
Shakespeare verknüpft die Lear-Handlung mit der Geschichte des Grafen Gloster: Auch dieser Vater verkennt seine Kinder. Als er im Konflikt zwischen Lear und seinen Töchtern zum König hält, wird Gloster geblendet und ebenso ins „Nichts“ geschickt. In der Heide trifft der blinde Gloster auf den wahnsinnigen Lear. In der Blindheit und im Wahn entdecken beide ihre eigentliche Rolle auf dieser „Narrenbühne Welt“: Sie müssen lernen, dass nichts ist wie es scheint und dass erst die radikale Umwertung ihrer Werte Gefühl, Liebe und menschliche Solidarität ermöglicht.
Bettina Brunier, die nach Stationen in Kassel und am Deutschen Theater in Berlin u.a. jetzt neue Hausregisseurin am Schauspiel Frankfurt ist, führt Regie bei dieser weltberühmten Tragödie, in der Shakespeare eine verrückte Welt porträtiert und in der das Chaos herrscht. Die Titelrolle übernimmt Hannes Fischer, der zuletzt in „Lorenzaccio“ zu sehen war.
Inszenierung: Bettina Brunier | Bühne: Markus Karner | Kostüme: Mareile Krettek | Musik: Kriton Klingler-Ioannides
Mit: Anna-Magdalena Beetz (Goneril), Claudia Frost (Regan), Annika Martens (Cordelia); Robert Besta (Herzog von Cornwall), Hannes Fischer (Lear, König von Britannien), Thomas Gerber (Edgar, Sohn Glosters), Georg Krause (Graf von Kent), Sebastian Kreutz (Narr), Jonas Riemer (König von Frankreich/Mann Cornwalls u.a.), Thomas Schrimm (Herzog von Albany), Hannsjörg Schuster (Graf von Gloster), Timo Tank (Edmund, Bastard Glosters), Christoph Wünsch (Oswald, Gonerils Verwalter)
Weitere Vorstellungen: 26.1. und 30.1.2010