Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
AbwärtsAbwärtsAbwärts

Abwärts

"Das Schloss" nach dem Roman von Franz Kafka im Düsseldorfer Schauspielhaus

Haushohe Bretterverschläge, die sich verschieben, sich verdrehen, zu Labyrinthen werden, in denen sich K. in der Düsseldorfer Inszenierung von Kafkas "Das Schloss" verläuft. Sinnbild seiner inneren und äußeren Situation. Sein Ziel, ins Schloss zu gelangen, erreicht er nicht.

 

Copyright: Thomas Rabsch

Es gibt verschiedene Deutungsmöglichkeiten des Romanfragments, etwa dass es die ausufernde Bürokratie kritisiere, die den Bürger auflaufen lasse, ebenso ließe sich das Fremdsein thematisieren: der Fremde, der in seiner neuen Umgebung die Codes nicht versteht, und deshalb alles missdeutet und daher Außenseiter bleibt. Es geht aber auch um die Hilflosigkeit angesichts des Nichtverstehenkönnens, denn selbst die Dorfbewohner kennen die Regeln nicht und reimen sich diese zusammen aus tatsächlichen oder erfundenen Reaktionen der Beamten. In jedem Moment scheint sich eine Regel zu ändern, das führt zu einem Verhalten voller Täuschungen, Betrug und Lügen. Es herrscht große Unsicherheit und K. wird immer verzweifelter.

Es versteht sich von selbst, dass man einen so dicht komponierten Text wie Kafkas fragmentarisch überliefertes "Das Schloss" nicht eins zu eins auf die Bühne bringen kann. Es heißt also, die Personenanzahl zu reduzieren, eine Textauswahl vorzunehmen. Das Resultat ist dann zwangsläufig schon eine Art Interpretation. Für das Düsseldorfer Schauspielhaus hat das Jan Philipp Gloger unternommen und er hat sich auch entschieden, eine Facette des Romans weiter zu verdichten, so schildert er den sozialen Abstieg K.s bis zum psychischen Zusammenbruch. Denn K. war als Landvermesser ins Dorf gekommen, wo er allerdings feststellen muss, dass er weder erwartet noch benötigt wird. Er wird dann als Schuldiener beschäftigt, auch da ebenfalls nicht benötigt, bis er als illegal Beschäftigter im Wirtshaus landet.

Moritz Führmann spielt diesen K. sehr eindrucksvoll. Herrlich schnippisch Claudia Hübbecker als Wirtin. Als quecksilbrige Gehilfen liefern Nils Kretschmer, David Vormweg komische Elemente. Eine mehr als überzeugende Ensembleleistung, die beim Publikum viel Anklang fand.

Besetzung
K.    Moritz Führmann
Frieda    Tabea Bettin
Die Wirtin    Claudia Hübbecker
Der Vorsteher    Thomas Wittmann
Der Lehrer    Florian Lange
Pepi    Cennet Rüya Voß
Barnabas    Jonas Friedrich Leonhardi
Die Gehilfen    Nils Kretschmer, David Vormweg

Regie    Jan Philipp Gloger
Bühne    Christof Hetzer
Kostüm    Anne Buffetrille
Musik    Kostia Rapoport
Licht    Bernd Purkrabek

Premiere Sa, 15.09.2018 / 19:30 Im Central, Worringer Straße 140, große Bühne

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 12 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

VERWIRRUNG BIS ZUM SCHLUSS -- "Es war einmal ein Mord" von Giovanni Gagliano im Theater Atelier Stuttgart

Eine geschickt verwobene und raffinierte Handlung präsentiert Vladislav Grakovski in seiner Inszenierung des Kriminalstücks "Es war einmal ein Mord" von Giovanni Gagliano. Spannung, Humor und…

Von: ALEXANDER WALTHER

BERÜHRENDE MOMENTE -- "Spatz und Engel" mit dem Tournee-Theater Thespiskarren (Produktion Fritz Remond Theater im Zoo, Frankfurt) im Kronenzentrum BIETIGHEIM-BISSINGEN

Edith Piaf und Marlene Dietrich stehen hier im Schauspiel mit Musik von Daniel Große Boymann und Thomas Kahry als zwei Göttinnen des Chansons im Mittelpunkt des Geschehens. Und es ist gar nicht so…

EIN ÜBERZEUGTER HUMANIST -- 5. Sinfoniekonzert des Staatsorchesters Stuttgart in der Liederhalle Stuttgart

Das Stück "Felder...im Vorübergehen" für Streichorchester aus den Jahren 1993/94 von Bernhard Lang ist nicht so spektakulär wie seine Oper "Dora", besitzt aber durchaus charakteristische…

Von: ALEXANDER WALTHER

EIN BEWEGENDER FEUERREITER -- Liedmatinee - Verleihung der Hugo-Wolf-Medaille in der Staatsoper Stuttgart

Die New York Times bezeichnete das Liedduo Christian Gerhaher (Bariton) und Gerold Huber (Klavier) als "größte Liedpartnerschaft der Welt". Dies betonte Kammersängerin Christiane Iven in ihrer…

Von: ALEXANDER WALTHER

NEUE SPHÄREN IM LICHTKEGEL -- Sao Paulo Companhia de Danca im Forum am Schlosspark Ludwigsburg

Mit der Deutschen Erstaufführung von "The Eight" gedenkt der Choreograph Stephen Shropshire des 200. Geburtstags von Anton Bruckner. In den Kostümen von Fabio Namatame erklingt das Finale von…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑