Aus der Laudatio von Dr. Nicole Colin:
Johann Nestroy gehört unter den großen deutschsprachigen Dramatikern zu den seltener gespielten. Leider möchte man sagen und doch verständlicherweise, stellen seine bitterbösen satirischen Theaterstücke ja nicht allein sprachlich eine besondere Herausforderung an Regie und vor allem Schauspieler dar. Dieser Herausforderung hat sich Christian Higer (der bereits in der Produktion Glaube, Liebe, Hoffnung durch seine überzeugende Darstellung auffiel) nun in brillanter Weise gestellt und uns mit seiner Interpretation des Stückes „Häuptling Abendwind“ einen Theaterabend der besonderen Art beschert. So gelingt es Higer in seiner herausragend komischen Darstellung den satirisch-ironischen Elementen Nestroys besonderen Nachdruck zu verleihen und - jenseits eines politisch korrekt geführten Diskurses - auf bohrend penetrante Weise die (ewige) Frage von Kultur und Zivilisation in ihrer Absurdität zu entblößen. Dabei übernimmt Higer in dem als Operette in einem Akt angekündigtem Stück nicht nur alle Rollen sondern meistert auch die musikalische Interpretation inklusive (abwesendem) Klavier. In einem leeren Raum mit nur wenigen Requisiten gelingt ihm das Kunststück mit geringsten Mitteln größte Wirkung zu erzielen - indem er die Vorstellungskraft der Zuschauer zum Schwingen bringt. Christian Higer zieht hier im wahrsten Sinne des Wortes alle Register der Schauspiel(er)kunst und verleiht darin Nestroys zunächst so abwegig erscheinenden schwarzen Komödie neuen Sinn.