Phryxus findet Zuflucht in Kolchis, wähnt sich in Sicherheit. Doch Aietes, König des Landes und Medeas Vater, von der Aussicht auf Reichtum verblendet, tötet den Gast. Die friedlichen Zeiten in Kolchis sind dahin. Der junge Grieche Jason kommt, das goldene Vlies zurückzuholen, wozu er Medeas Hilfe braucht. Die beiden verlieben sich und Familienbanden zum Trotz verschafft Medea Jason das Vlies und geht mit ihm in die Ferne. Ihr Leben in der Fremde, das Scheitern der Liebe und ihre schicksalhafte Tat sind vor allem aus dem von Euripides bearbeiteten Medea-Mythos bekannt.
Grillparzer schuf mit DAS GOLDENE VLIES ein Weltepos, das das private Schicksal von Jason und Medea mit ungeheurer Präzision und für seine Zeit außergewöhnlicher psychologischer Tiefe zeichnet und dennoch weit über dieses individuelle Schicksal hinausweist. Es geht um nichts Geringeres als um die Begegnung zweier Menschen, Geschlechter, Kulturen und Wertesysteme.
Im Zentrum steht mit dem goldenen Vlies die Verheißung von Reichtum und Ehre und ihre Kehrseite, die große Gier, die immer wieder unmenschliche Rücksichtslosigkeit gebiert. Die beiden Individuen, die sich hier als Vertreter ihrer Systeme begegnen, verfehlen sich auf tragische Weise und werfen die große Frage nach der Beziehungsfähigkeit des Menschen und dem friedlichen Zusammenleben der Kulturen auf. Beide Fragen sind in unserer beschleunigten, wertentleerten, globalisierten Welt virulenter als je zuvor.
Die Inszenierung am Theater Münster wird alle drei Teile von Grillparzers Trilogie DER GASTFREUND, DIE ARGONAUTEN und MEDEA zeigen. Im Zentrum der Arbeit steht eine besondere Besetzungskonstellation mit der sie sich auf die Suche nach der unglückseligen Verbindung von Jason und Medea, Kolcher- und Griechenwelt begibt. Mit verschiedenen Doppelbesetzungen wird Vergangenheit und Zukunft als personifizierte Zeugen dieser unglückselig entgleisenden Geschichte aufgerufen und befragt: Eine Suche nach Selbst- und Fremdbestimmung des Individuums im Kontext von Partnerschaft und kultureller Einbindung in eine Gesellschaft.
Inszenieren wird den Abend Martin Schulze, der das Münsteraner Publikum bereits in der letzten Spielzeit mit seiner Inszenierung von Molières TARTUFFE begeistert hat. Er studierte Theater-, Film und Fernsehwissenschaften in Bochum und Regie am Max-Reinhardt-Seminar in Wien. Seither arbeitet er als freier Regisseur unter anderem am Wiener Volkstheater, am Schauspielhaus Graz, am Deutschen Nationaltheater in Weimar und am Schauspiel Frankfurt. Für seine Kasseler Inszenierung von HAMLET wurde Martin Schulze im Jahrbuch der Zeitschrift „Theater heute“ 2009 in der Rubrik „Bester Nachwuchskünstler“ genannt.
Inszenierung: Martin Schulze
Bühne und Kostüme: Ulrich Leitner
Musik: Dirk Raulf
Dramaturgie: Friederike Engel
Mitwirkende: Maike Jüttendonk (Medea I), Claudia Hübschmann (Medea II), Christoph Rinke (Jason I), Aurel Bereuter (Jason II), Mark Oliver Bögel (Aietes/ Kreon), Lilly Gropper (Absyrtus/ Kreusa), Regine Andratschke (Gora)
Nächste Vorstellung im April:
Samstag, 26. April, 19.00 Uhr, Großes Haus