Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
DER PROCESS nach Franz Kafka im Theater FreiburgDER PROCESS nach Franz Kafka im Theater FreiburgDER PROCESS nach Franz...

DER PROCESS nach Franz Kafka im Theater Freiburg

in einer Bühnenfassung von Jarg Pataki,

Premiere 27. Januar 2007, 19.30 Uhr, Großes Haus.

Franz Kafkas Meisterwerk als großer Theaterabend: Der Bankangestellte Josef K. verstrickt sich im irrwitzigen Labyrinth eines Gerichts auf der verzweifelten Suche nach seiner Schuld.

Er wird nicht fündig werden, weil er nicht wirklich sucht, das „Böse“ jenseits der Ebene des „Tuns“ liegt und Recht und Gesetz undurchschaubar scheinen. Seine Schuld ist ein Schuldgefühl, das Gericht ein Medium des Unter-bewussten. Doch es gibt keine einfachen Erklärungen für diesen phantasiestrotzenden, beklemmenden Text von Franz Kafka.

 

Jarg Pataki, Hausregisseur des Theater Freiburg, stellt nach der Uraufführung von Houellebecqs Roman „Die Möglichkeit einer Insel“ mit großer Lust an sinnlichen Theaterbildern ein weiteres Mal einen philosophischen Weltentwurf auf die Bühne.

 
„Jemand musste K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet“. Mit diesem Rätsel beginnt die vermutlich berühmteste Exposition eines modernen deutschsprachigen Romans. Ohne dass Josef K., Prokurist einer angesehenen Bank, etwas Böses getan hat, wird er am Morgen seines 30. Geburts-tages von drei Männern in Zivil verhaftet. Doch diese Verhaftung ist seltsam: K. darf sich weiterhin frei bewegen und zur Arbeit gehen. Vergeblich versucht er herauszufinden, wessen er angeklagt wird und wie er sich rechtfertigen kann. Ebenso wenig greifbar sind das Gericht und das Gesetz ...

K. scheint einem System, einer übermächtigen Autorität ausgeliefert zu sein. Wurde ihm vielleicht eine Aufgabe gestellt, die zugleich eine Chance sein könnte, die er aber in seinem täglichen Bemühen, dem Gericht zu entgehen, nicht erkennt?

Kafka zeichnet im Process eine undurchdringliche Welt, in der Gnade per se keinen Platz hat. Und so muss K. auch – unfähig zur Erkenntnis und zur Erlösung – an dieser Welt scheitern. Ein Jahr nach Beginn seines Prozesses, an seinem 31. Geburtstag, besuchen ihn von neuem zwei Männer, die ihn zu seiner Hinrichtung führen: „An K.s Gurgel legten sich die Hände des einen Herrn, während der andere das Messer ihm tief ins Herz stieß und zweimal dort drehte. Mit brechenden Augen sah noch K., wie die Herren, nahe vor seinem Gesicht, Wange an Wange aneinandergelehnt, die Entscheidung beobachteten.“

 
Kafkas Werk ist die Geschichte einer vergeblichen Suche nach Sinn und Metaphysik in einer metaphysiklosen Gesellschaft. So bleibt am Ende die Frage: Wo ist die Gnade, wo ist der vergebende Gott, wenn der Weg ein Prozess ist und das Ziel die Hinrichtung?

 
Jarg Pataki  geboren 1962 in der Schweiz – Der Schweizer ungarischer Abstammung inszeniert seit einigen Jahren Opern und Theater, oft mit lebensgrossen Puppen. Regiearbeiten in Schauspiel und Oper: Botho Strauß’ Die Zeit und das Zimmer am Deutschen Theater Berlin, Jakob von Gunten nach Robert Walser, Richard Wagners Der fliegende Holländer, Minyanas Totenhaus, Amerika nach Franz Kafka und Verdis La Traviata  am luzernertheater. Minyanas Kurzdramen am Bayerischen Staatsschauspiel München, Das Opfer, Schauspiel nach Tarkowski am Staatstheater Stuttgart. Am Schauspiel Hannover entstanden BerlinAlexanderplatz von A. Döblin und WilhelmMeister von J.W. von Goethe. Am Theater Freiburg inszenierte er zuletzt die Urauffürung Die Möglichkeit einer Insel nach dem Roman von Michel Houellebecq.

 
Regie       Jarg Pataki 

Bühne       Steffi Wurster

Kostüme     Sandra Münchow 

Musik       Malte Preuß 

Dramaturgie Viola Hasselberg, Arved Schultze

    

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 17 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

EIN ÜBERZEUGTER HUMANIST -- 5. Sinfoniekonzert des Staatsorchesters Stuttgart in der Liederhalle Stuttgart

Das Stück "Felder...im Vorübergehen" für Streichorchester aus den Jahren 1993/94 von Bernhard Lang ist nicht so spektakulär wie seine Oper "Dora", besitzt aber durchaus charakteristische…

Von: ALEXANDER WALTHER

EIN BEWEGENDER FEUERREITER -- Liedmatinee - Verleihung der Hugo-Wolf-Medaille in der Staatsoper Stuttgart

Die New York Times bezeichnete das Liedduo Christian Gerhaher (Bariton) und Gerold Huber (Klavier) als "größte Liedpartnerschaft der Welt". Dies betonte Kammersängerin Christiane Iven in ihrer…

Von: ALEXANDER WALTHER

NEUE SPHÄREN IM LICHTKEGEL -- Sao Paulo Companhia de Danca im Forum am Schlosspark Ludwigsburg

Mit der Deutschen Erstaufführung von "The Eight" gedenkt der Choreograph Stephen Shropshire des 200. Geburtstags von Anton Bruckner. In den Kostümen von Fabio Namatame erklingt das Finale von…

Von: ALEXANDER WALTHER

REIZVOLLES SPIEL MIT KLASSISCHEN FORMEN -- Konzertabend beim deutsch-türkischen Forum mit Gülsin Onay und Erkin Onay im Hospitalhof STUTTGART

Sie ist Staatskünstlerin der Türkei und eine renommierte Pianistin: Gülsin Onay. Sie trat auch mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks auf. Zusammen mit ihrem Sohn Erkin Onay (Violine)…

Von: ALEXANDER WALTHER

EXPLOSIVE KLANGMISCHUNG -- "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky bei NAXOS (BR KLassik)

Nicht sonderlich erfolgreich geriet die Stuttgarter Uraufführung der einaktigen Oper "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky im Jahre 1917 unter der Leitung von Max von Schillings. In…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑