Es hat sich alles so schön eingeschaukelt. In den Krankenhäusern steht der Dreck in den Fluren, und die Kranken sterben wie die Fliegen. Willkürliche Gerichtsurteile fällt der dauerbesoffene Stenograph, während der Richter auf die Jagd geht. In den Schulen unterrichten Wahnsinnige, die Kirchen stehen verwaist, in den Kneipen und Spielhöllen verschleudern die Honoratioren der Stadt die Gelder des Staates. So könnte es ewig weitergehen, bis die Stadt pleite ist und Gottes Zorn die Sintflut über diesen Landstrich lenkt. Oder der Staat den Verbleib seiner Subventionen kontrollieren lässt.
Ein Revisor wird angekündigt - und prompt wird Chlestakow, ein Allerweltsbetrüger auf der Durchreise, der seit zwei Wochen im Gasthof die Zeche prellt und jeden Moment seinen Rauswurf erwartet, für ebenjenen Revisor gehalten. Aufregung auf beiden Seiten! Doch schnell erweist sich der vermeintliche Kontrolleur als Gleichgesinnter und die Furcht vor dem Zusammenbruch des Systems aus Lüge, Betrug und Habgier als total unbegründet ...
Im hochbrisanten Konfliktfeld zwischen „Gemeinwohl“ und „Eigeninteresse“ angesiedelt, ist Gogols
berühmte Verwechslungskomödie von 1836 zum einen ein boshafter Kommentar zu klammen Staaten,
schamlosen Bundespräsidenten und unverdrossenen Finanzspekulationen unserer Tage. Darüber
hinaus dekliniert „Der Revisor“ alle Todsünden begeistert durch, legt Fährten zu zeitlosen Fragen
identitätssuchender Subjekte und erweist ganz nebenbei dem genetischen Zusammenhang von Literatur und Lüge geistreiche Referenz.
Herbert Fritsch (*1951)
kehrt mit seiner Inszenierung des „Revisors“ in die Stadt zurück, in der er einst als Schauspieler ausgebildet wurde. Er hat an vielen großen Häusern gespielt, doch kein Theater hat er so geprägt - und kein Theater ihn - wie die Berliner Volksbühne und der Intendant und Regisseur Frank Castorf. Fritschs intermediales Kunstprojekt „hamlet_X“ von 2000 hatte noch eine gut sortierte Fangemeinde,
seine Theaterregiearbeiten seit 2007 sorgen mittlerweile landesweit für Hysterie.
Revisor nach NIKOLAI GOGOL
in einer Fassung von SABRINA ZWACH
Regie + Bühne HERBERT FRITSCH
Kostüme VICTORIA BEHR
mit
Sebastian Blomberg Chlestakow
Stefan Konarske Ossip
Guntram Brattia Bürgermeister
Barbara Melzl Anna, seine Frau
Britta Hammelstein Maria, deren Tochter
Hanna Scheibe Mascha, deren Hausangestellte / Kellnerin im Gasthaus
Gunther Eckes Hospitalverwalter
Jörg Lichtenstein Schulrat
Miguel Abrantes Ostrowski Richter Ljapkin-Tjapkin
Sierk Radzei Polizeichef Korruptkin
Michele Cuciuffo Kreisarzt Dr. Hübner
Paul Wolff-Plottegg Postmeister
Robert Niemann Bobtschinskij, Gutsbesitzer
Aurel Manthei Dobtschinskij, Gutsbesitzer