Colins Appartement wird von zwei Sonnen erhellt, denn: Colin liebt das Licht. Colin ist jung und er hat das Geld. Sein Freund Chick hat kein Geld aber eine Freundin: die reizende Alise. Alise ist die Nichte von Nicolas, Colins neuem Koch. Colin kann nur hoffen, dass Nicolas noch andere Nichten hat, denn: „Ich habe solche Lust mich zu verlieben!“ Auf einer Party wird ihm Chloé vorgestellt, und die Liebe trifft ihn wie ein Blitz: „Sind Sie von Duke Ellington arrangiert?“ Zu den Klängen des gleichnamigen Blues von Ellington kommt es zu einer ersten Umarmung. Bald wird Traumhochzeit gefeiert. Doch in Chloés Lunge wächst eine Seerose. Um sie abzutöten, muss sie ständig von Blumen umgeben sein. Die Blumen treiben Colin in den Ruin, nachdem sein Vermögen bereits durch die Hochzeit und seine Großzügigkeit Chick gegenüber, dem er die Heirat mit Alise ermöglichen wollte, geschrumpft ist. Chick, ein bekennender Existenzialist, hat das Geld nicht für die Hochzeit sondern für Erstausgaben, Manuskripte und alte Pfeifen des großen Jean-Sol Partre ausgegeben. Er trennt sich von Alise. Doch Alise hat seinen Herzausreisser entwendet, und sie ist entschlossen, diese gefährliche Waffe auch zu benutzen. Chloés Zustand verschlechtert sich. Colin muss mittlerweile jede Arbeit annehmen. Er erlebt nun die dunkle Kehrseite der Gesellschaft. Doch Colin zögert nicht, durch die Hölle zu gehen, denn er liebt nicht mehr das Licht, er liebt Chloé.
Boris Vian, der skandalumwitterte französische Jazzer, Chansonnier, Schauspieler und Autor, publiziert 1946 sein heute bekanntestes Werk, den Roman L'Écume des jours, eine surrealistisch verfremdete, elegisch-tragische Liebesgeschichte. Das Buch bleibt zunächst erfolglos, steigt nach Vians frühem Tod aber in den 1960er/70er Jahren zum Kultbuch einer Generation junger Leser auf. So fällt es im Sommer 1960 auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs auch Edison Denisov in die Hände. Der damals 31-jährige hat auf Anraten Schostakowitschs begonnen, Komposition zu studieren. Er entwickelt sich zu einem der unabhängigsten und kreativsten musikalischen Köpfe der Sowjetunion und wichtigen Vermittler der westlichen Avantgarde.
Ende der 70er Jahre kommt er auf Vians Buch zurück und adaptiert es für ein gleichnamiges »Lyrisches Drama«, das er im französischen Wortlaut vertont. Er schreibt es ohne Auftrag, aus innerem Bedürfnis. 1984 wird es in Paris, der Stadt seiner Träume, in die er am Ende seines Lebens übersiedeln wird, an der Opéra-comique uraufgeführt. Mit seiner Partitur wolle er zeigen, »dass es heute möglich ist, sangbar zu schreiben, ohne in überkommenen Traditionalismus zu verfallen«. Denisov durchsetzt melodisch beseelte Szenen voll kammermusikalischer Intensität mit musicalnahen Chor- und Chansoneinlagen und zitiert die Jazzlegende Duke Ellington – all das im Licht einer bei aller quälenden Düsterkeit der Geschichte stets transparent-leuchtenden Instrumentierung.
Seit der Uraufführung wurde dieses Lyrische Drama bisher nur wenige Male inszeniert. Nun bringen Jossi Wieler und Sergio Morabito, die kürzlich zum „Regieteam des Jahres“ gewählt wurden, gemeinsam mit Generalmusikdirektor Sylvain Cambreling ihre Interpretation des Werks in einer Neuproduktion auf die Stuttgarter Opernbühne.
In französischer Sprache mit Übertiteln
Musikalische Leitung: Sylvain Cambreling,
Regie und Dramaturgie: Jossi Wieler, Sergio Morabito,
Bühne: Jens Kilian,
Kostüme: Anja Rabes,
Video: Chris Kondek,
Choreographische Mitarbeit: Andrea Böge, Licht: Reinhard Traub,
Chor: Johannes Knecht
Colin: Ed Lyon,
Chloé: Rebecca von Lipinski,
Chick: Daniel Kluge,
Alise: Sophie Marilley,
Nicolas: Arnaud Richard,
Isis: Pumeza Matshikiza,
Mangemanche: Roland Bracht,
Coriolan: Kai Preußker,
Pégase / Sénéchal / Solotenor: Marcel Beekman,
Directeur: Karl-Friedrich Dürr,
Jésus: Mark Munkittrick,
La fillette: Jeanne Seguin,
Le Chat (Schauspieler): Ansi Verwey,
Pharmacien (Schauspieler): Yves Lenoir,
La Souris (Schauspieler): Sébastien Dutrieux,
Mit: Staatsopernchor Stuttgart, Staatsorchester Stuttgart