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"Die Heimkehr des Verbannten" von Otto Nicolai im Theater Chemnitz

Premiere am 29. Januar 2011, 19.30 Uhr im Opernhaus

 

Im Mittelpunkt der Oper steht Leonore. Sie hat vor Jahren Lord Arthur Norton geheiratet, der dann allerdings das Land als Staatsfeind verlassen musste und von dem man annahm, dass er dabei den Tod fand.

 

Sieben Jahre später will Leonore nun mit Lord Edmund, einem angesehenen Staatsmann, eine Heirat eingehen. Genau an diesem Tag taucht jedoch der totgeglaubte Arthur wieder auf – eine Situation, die Leonore in eine Entscheidungskrise stürzt, der sie am Ende nur durch den Freitod entrinnen kann.

 

Die Handlung der „Heimkehr des Verbannten“ hat auf den ersten Blick eine in der Operngeschichte gängige Konstellation als Grundlage: Eine Frau steht zwischen zwei Männern. Ein genauerer Blick offenbart jedoch die Einmaligkeit dieser Oper und zeigt, dass sie trotz des historischen Sujets aus psychologischer Sicht heute aktueller ist denn je: Sowohl der erste Gatte Arthur, der Staatsfeind, als auch der neue Favorit Edmund, der erfolgreiche Politiker, kommen als Partner in Frage, stehen absolut gleichwertig nebeneinander. Leonore muss sich entscheiden, scheitert jedoch an ihren Gefühlen für beide Männer und ist dem politischen Ausmaß ihrer Entscheidung nicht gewachsen.

 

Der Name Otto Nicolai wurde bis vor kurzem in der musikalischen Öffentlichkeit ausschließlich mit dessen 1849 uraufgeführten komischen Oper „Die lustigen Weiber von Windsor“ in Verbindung gebracht. Erst die Aufführung seiner Oper „Il Templario“, die die Oper Chemnitz 2008 in Zusammenarbeit mit dem Berliner Musikwissenschaftler Dr. Michael Wittmann erstmalig seit 1879 wieder auf die Bühne brachte, veränderte den Blick auf das Schaffen dieses Komponisten. Sowohl die Chemnitzer Aufführung als auch die gleichzeitig in Chemnitz entstandenen CD-Einspielung erhielten große überregionale Beachtung und Anerkennung. Exemplare der CD sind zum Beispiel inzwischen in allen bedeutenden Bibliotheken - von der Library of Congress über die Universitätsbibliotheken von Yale, Harvard, Princton oder Stanford bis zu den Nationalbibliotheken in London, Paris, Brüssel, Berlin, St. Petersburg und Tokyo - zu finden. Dieser Erfolg und die Tatsache, dass anlässlich von Nicolais 200. Geburtstag 2010 erstmalig neben den „Lustigen Weibern“ gleichberechtigt auf „Il Templario“ verwiesen wurde, haben die Entscheidung beflügelt, nun der Musikwelt eine weitere von Nicolais italienischen Opern, „Die Heimkehr des Verbannten“, in Chemnitz zugänglich zu machen.

 

Ein Deutscher in Italien

Otto Nicolai wurde 1810 in Königsberg geboren und studierte der Familientradition entsprechend Kirchenmusik, zunächst in Berlin, später in Rom, wo er für zwei Jahre eine Organistenstelle erhalten hatte. Doch seine Vorliebe für die Kirchenmusik wich schon bald der Begeisterung für die italienische Oper. Er steuerte in diesem Genre insgesamt fünf eigene Werke bei, die zu ihrer Entstehungszeit zum Teil Welterfolge waren. Nach einer Zeit in Wien ließ sich Nicolai 1847 in Berlin nieder. Dort entstand 1849, wenige Monate vor seinem Tod, das Werk, das alle anderen in ein jahrelanges Schattendasein drängte: „Die lustigen Weiber von Windsor“.

 

Von „Il Proscritto“ zum „Verbannten“

Nach der umjubelten Uraufführung des „Templario“ 1840 erhielt Nicolai den Auftrag, eine neue Oper für Mailand zu schreiben. Er entschied sich für ein Libretto von Gaetano Rossi: „Il Proscritto“. Für die weibliche Hauptpartie bat er sich Erminia Frezzolini aus, mit der er seit kurzem verlobt war. Dieser Sachverhalt sollte dramatische Auswirkungen auf die Uraufführung am 13. März 1841 haben, denn die Primadonna war nicht nur nicht mehr die Verlobte Nicolais, sondern inzwischen mit einem anderen Mann verheiratet und fand es angemessen, ihre Partie nicht wie üblich zu singen, sondern sie stimmlich nur zu „markieren“. Das Fiasko war perfekt. Nicolai zog die Oper zurück und nahm kurze Zeit später eine Kapellmeisterstelle in Wien an. Dort arbeitete er den „Proscritto“ um und brachte diese Fassung unter dem Titel „Die Heimkehr des Verbannten“ am 3. Februar 1844 in deutscher Sprache Oper in Wien heraus. Innerhalb von drei Jahren ging diese Produktion an die vierzig Mal erfolgreich über die Bühne des Hofoperntheaters. Schon für diese Aufführung hatte Nicolai die Hälfte der Musik neu komponiert. Auch in den Folgejahren ließ ihn das Werk nicht los, und er schuf noch eine dritte Fassung, die 1849, wenige Monate nach seinem Tod, als „Der Verbannte“ in Berlin erstmalig zu erleben war. - Die Oper Chemnitz spielt das Werk nun in der Edition von Dr. Michael Wittmann in der Wiener Fassung.

 

Die Musik

Nicolai bewegt sich mit der „Heimkehr des Verbannten“ in bester italienischer Belcanto-Tradition, ebenbürtig etwa einem Bellini oder Verdi. Der Berliner Musikwissenschaftler Dr. Michael Wittmann, der sich eingehend mit den verschiedenen Fassungen und der Aufführungsgeschichte dieser Oper beschäftigt hat, beschreibt die Wiener Fassung „quasi als Dokumentation des halben Weges, der vom ‘Templario‘ zu den ‘Lustigen Weibern‘ führte und in dem man eine Balance zwischen Belcanto-Elementen und damals moderner deutscher Oper findet.“

 

Musikalische Leitung: Frank Beermann

Inszenierung: Philipp Kochheim

Bühne: Thomas Gruber

Kostüme: Bernhard Hülfenhaus

Chor: Mary Adelyn Kauffman

 

Es singen: Hans Christoph Begemann (Graf Edmund von Pembroke), Bernhard Berchtold (Lord Arthur Norton), Julia Bauer (Leonore), Kouta Räsänen (Richard von Somerset), Uwe Stickert (Georg), Tiina Penttinen (Irene), André Riemer (Williams)

 

Chor der Oper Chemnitz, Robert-Schumann-Philharmonie

 

Rundfunkübertragung und CD-Produktion

Mit diesem Werk wird die Reihe der Rundfunkübertragungen bei Deutschlandradio Kultur und MDR Figaro sowie der CD-Produktionen mit dem Label cpo fortgesetzt.

 

Preisverleihung

Die Premiere der Nicolai-Oper „Die Heimkehr des Verbannten“ wird in doppelter Hinsicht ein besonderer Tag für die Theater Chemnitz. Anlässlich dieser Vorstellung erhält die Oper den Theaterpreis der Stiftung des Verbandes Deutscher Bühnen- und Medienverlage. Damit wird das Engagement des Musiktheaters unter der Leitung von Generalintendant Dr. Bernhard Helmich und Generalmusikdirektor Frank Beermann gewürdigt, in Verbindung von klassischem Opernrepertoire, der Wiederbelebung selten gespielter Musiktheaterwerke und einer Auswahl attraktiver Bühnenprojekte für ein breites Publikum einen ambitionierten und abwechslungsreichen Spielplan aufzustellen.

 

 

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