Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Eine alte GeschichteEine alte GeschichteEine alte Geschichte

Eine alte Geschichte

„La Cenerentola“ von Gioacchino Puccini in der Deutschen Oper am Rhein

In den letzten 20 Jahren hat sich die Lebensweise durch die Digitalisierung enorm verändert. Kann da eine Inszenierung, die über 40 Jahre alt ist, bestehen ohne altbacken zu wirken? Diese Frage kann man überprüfen, denn in der deutschen Oper am Rhein ist jetzt als Wiederaufnahme Gioacchino Puccinis Oper „La Cenerentola“ aus dem Jahre 1974 zu sehen. Und dass sie heute noch Freude macht, liegt nicht nur daran, dass sie zeitlich nicht verortet ist. Selbst das sepiafarbene Bühnenbild wirkt wie eine Illustration aus einem Märchenbuch.

Copyright: Hans Jörg Michel

Die eigentlich traurige Geschichte von der halbwaisen, einsamen Tochter, die durch ihre Stiefschwestern gemobbt wird, basiert auf dem Märchen "Aschenputtel" von Charles Perrault und ist in Deutschland durch die Brüder Grimm bekannt geworden. Puccini hat alles Übernatürliche entfernt und daraus eine heitere Verwicklungsgeschichte geformt. In seiner Oper hat Aschenputtel statt einer Stiefmutter einen Stiefvater. Er und seine Töchter haben Aschenputtels Erbe verprasst und demütigen sie, wo es nur geht. Der berühmte Schuh ist durch einen Armreif ersetzt.

Jean-Pierre Ponnelles Inszenierung ist durchchoreographiert, da sitzt jede Geste, jede Mimik, jeder Bewegungsablauf ist exakt abgestimmt. Das Timing ist perfekt für die kleinen humorvollen Einschübe des Regisseurs. So folgt man der voraussehbaren Handlung mit großem Vergnügen. Auch das Ensemble agiert äußerst spielfreudig und überzeugt auch mit großartigen Stimmen. Margarita Gritskova ist die bescheidene, großmütige Angelina, Juan José de León tritt ein als pfifiger Don Ramiro auf, Renato Girolami als eitler, genussfreudiger Don Magnifico, Heidi Elisabeth Meier als wunderbar überspannte Clorinda, sowie Kimberley Boettger-Soller als Tisbe, Adrian Sâmpetrean als Alidoro, Laimonas Pautienius als treuer Diener Dandini.

Der einzige Unterschied zu aktuellen Inszenierungsweisen zeigt sich bei der Ouvertüre, die nicht von einem wie auch immer gearteten schauspielerischen Prolog begleitet wird und ganz auf die Musik einstimmt.

Das Publikum zeigte sich begeistert. Eine Inszenierung wie aus einem Guss. Einige Dinge werden eben niemals alt.

Dramma giocoso in zwei Akten
Libretto von Jacopo Ferretti

Musikalische Leitung: Antonino Fogliani
Inszenierung, Bühne und Kostüme: Jean-Pierre Ponnelle
Licht: Volker Weinhart
Chorleitung: Christoph Kurig

Angelina: Maria Kataeva / Margarita Gritskova
Don Ramiro: Juan José de León
Dandini: Laimonas Pautienius
Don Magnifico: Günes Gürle / Renato Girolami
Clorinda: Heidi Elisabeth Meier
Tisbe: Kimberley Boettger-Soller
Alidoro: Bogdan Talos / Adrian Sâmpetrean
Chor der Deutschen Oper am Rhein
Düsseldorfer Symphoniker

Wiederaufnahme 2018

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 12 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

Scheinheilig -- "Die heilige Johanna der Schlachthöfe" von Bertold Brecht im Schauspielhaus Düsseldorf

Eine Maschine die alles vereint: Fleischwolf, Transportband, Verbrennungsofen, multifunktional, dominiert die Bühne im Düsseldorfer Schauspielhaus. Aus ihren zwei großen Röhren, quellen ganz langsam…

Von: Dagmar Kurtz

MELODISCHER ZAUBER -- Neue CD: "Segovia" - Carlotta Dalia spielt auf einer seltenen Hauser-Gitarre bei Berlin Classics

Die junge Gitarristin Carlotta Dalia aus Italien spielt hier auf einer historischen Gitarre, die vom deutschen Gitarrenbauer Hermann Hauser für den berühmten spanischen Gitarristen Andres Segovia…

Von: ALEXANDER WALTHER

SINGENDE MELODIE -- Neue CD: Ludwig van Beethoven - Klaviersonaten Edition 2 mit Moritz Winklemann bei Berlin Classics

Auch die neue CD mit dem Stuttgarter Pianisten Moritz Winkelmann überzeugt aufgrund einer klaren künstlerischen Aussage. Für Winkelmann ist das Allegro der Klaviersonate Nr. 9 in E-Dur op, 14/1…

Von: ALEXANDER WALTHER

VERANKERUNG IN RITUALEN -- "Muttertier" von Leo Lorena Wyss im Kammertheater STUTTGART

"Ich verstehe dich...Aber immer, wenn ich den Mund öffne, immer wenn ich etwas sagen will, dann ist da nur der Muttermund..." Drei Geschwister tollen, taumeln und tauchen im Becken eines Hallenbads.…

Von: ALEXANDER WALTHER

JUGENDLICHE SCHWUNGKRAFT -- 6. Staatsorchesterkonzert im Beethovensaal der Liederhalle STUTTGART

Sehr jugendlich wirkt Felix Mendelssohn Bartholdys Sinfonie Nr. 1 in c-Moll op. 11. Sie trägt noch die Handschrift der Streichersinfonien. Und stellenweise blitzt sogar der Einfluss der…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑
StartseiteBeiträgeKritikenHintergründeTheatermacherServiceFachbegriffeSuche