Québec (mit der gleichnamigen Hauptstadt Québec) ist der kanadische Bundesstaat, in dem Französisch gesprochen, geschrieben und gelebt wird, hat 8 Millionen Einwohner und ist in etwa so groß wie Portugal, Spanien, Frankreich, Belgien, die Schweiz und ganz Deutschland zusammen. Drei Autoren, die drei Generationen angehören, werden an diesem québecischen Wochenende vorgestellt: Carole Fréchette (*1949) mit 'Ich denke an Yu', Wajdi Mouawad (*1968) mit 'Verbrennungen' und Sarah Berthiaume (*1983) mit 'Yukonstyle'. Carole Fréchette und Sarah Berthiaume kommen dazu eigens nach Berlin und werden an allen Veranstaltungen teilnehmen.
Drei sehr unterschiedliche Autoren, drei sehr unterschiedliche Stücke. Gemeinsam ist ihnen, dass sie von Grenzgängern erzählen, verschiedene Arten von Ausgrenzung, Unterdrückung, Flucht beschreiben, aber auch den wütenden Protest dagegen. Jede der Figuren ist auf ihre Weise einsam, jede ist auf der Suche, jede kämpft um Selbstachtung und die eigene Identität - und alle drei Stücke enden mit einer Hoffnung.
Das Programm im Überblick
Fr 11.1.2013
20.30 Bar Autorenporträt mit Carole Fréchette
21.00 Box 'Ich denke an Yu' von Carole Fréchette (Deutsche Erstaufführung)
Ihr Leben lang war Madeleine politisch und sozial engagiert. Jetzt ist sie von einem Hilfsprojekt hoch oben im Norden Kanadas in die Stadt zurückgekehrt, ausgebrannt und innerlich leer. Im Umzugsgewühl stößt sie auf eine Zeitungsnotiz: Der chinesische Journalist Yu Dongyue, der bei den Demonstrationen in Peking im Mai 1989 mit Farbe gefüllte Eier auf ein Mao-Porträt am Tiananmen-Platz geworfen hat, ist nach 17 Jahren Haft auf freien Fuß gesetzt worden, als körperlich und geistig gebrochener Mann. Die Nachricht lässt Madeleine nicht mehr los. Geradezu manisch beginnt sie, den Fall Yu Dongyue zu recherchieren. Ihre junge Sprachschülerin Lin und ihr Nachbar Jérémie sind ihr dabei erst einmal nur lästig. Doch mehr und mehr wird Yu Dongyue zum Bezugspunkt ihrer Begegnungen und Gespräche. Wo fängt die Verantwortung des Einzelnen an? Lohnt sich politischer Aktivismus? Ist soziales Engagement jenseits des eigenen Erfahrungshorizonts sinnvoll? Ein kluges, feinfühliges Stück der französisch-kanadischen Autorin Carole Fréchette (*1949) und eine anregende Wiederbegegnung mit dem politischen Gedankengut der 70er Jahre.
Eine besondere Aktualität erhält das Stück durch das gerade erschienene Buch des Friedenspreisträgers Liao Yiwu ‚Die Kugel und das Opium. Leben und Tod am Platz des himmlischen Friedens‘, in dem u.a. auch Vorgeschichte, Ausführung und das bittere Ende des Farbattentats auf das Mao-Porträt am Tiananmen-Platz vor 23 Jahren dokumentiert ist.
Regie: Max Claessen
Es spielen: Helmut Mooshammer, Naemi Simon, Simone von Zglinicki
Sa 12.1.2013
18.30 Bar Autorenporträt mit Sarah Berthiaume
19.00 Box Szenische Lesung 'Yukonstyle' von Sarah Berthiaume
Pause mit kanadischen Snacks, Drinks und Gesprächen
21.00 Box 'Ich denke an Yu' von Carole Fréchette
anschließend in der Box Nachgespräch mit Carole Fréchette und dem Produktionsteam
Kombiticket für Samstag, 12. Januar: 16, ermäßigt 6 €
So 13.1.2013
18.30 Saal Fluchtpunkt Québec
Podiumsgespräch mit Diane Pavlovic, Sonja Anders u.a., Eintritt frei
19.30 Ksp 'Verbrennungen' von Wajdi Mouawad
anschließend im Saal Nachgespräch mit dem Produktionsteam
Carole Fréchette, ursprünglich Schauspielerin, begann Ende der 80er Jahre zu schreiben und hat sich mit ihren Dramen und Romanen nicht nur in Kanada einen Namen gemacht, ihre Stücke sind in zahlreiche Sprachen übersetzt und werden überall in der Welt gespielt. 'Ich denke an Yu', im vergangen Jahr in Frankreich uraufgeführt, erlebt am 11. Januar in der Box seine Deutschsprachige Erstaufführung, zweite Vorstellung am 12. Januar.
Sarah Berthiaume ist trotz ihrer jungen Jahre schon ein ausgewiesenes Theatertalent, sie agiert nicht nur als Autorin, sondern auch als Regisseurin, Schauspielerin und Theaterleiterin. Ihr Stück 'Yukonstyle' wird im Frühjahr zeitgleich in Montréal und Paris uraufgeführt und erlebt am 12. Januar seine deutschsprachige 'Urlesung' in der Box.
Wajdi Mouawad ist der Mann dazwischen, man könnte auch sagen, der Mann zwischen allen Stühlen. Mit 8 Jahren ist er mit seinen Eltern aus dem vom Krieg gezeichneten Libanon nach Kanada emigriert. Er wird in Québec nicht nur als Dramatiker, sondern auch als Regisseur und Theaterleiter hoch verehrt, auch wenn er in jüngster Zeit seinen Arbeits- und Lebensschwerpunkt nach Frankreich verlagert hat. Sein Stück 'Verbrennungen' steht seit September 2012 auf dem Spielplan der Kammerspiele.
In dem Podiumsgespräch 'Fluchtpunkt Québec' am Sonntag, 13. Januar, vor der Aufführung von 'Verbrennungen', werden diese "Grenzüberschreitungen" von Diane Pavlovic thematisiert (in englischer und deutscher Sprache, französische Beiträge werden übersetzt). Diane Pavlovic ist Leiterin des Studiengangs Szenisches Schreiben an der Universität von Montréal und eine explizite Kennerin des Werks von Wajdi Mouawad und auch der Arbeiten von Carole Fréchette und Sarah Berthiaume.