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„Ich muss gucken, ob ich da bin“

von Silvia Schäfer

Im Oktober 2005 startet das Schlosstheater Moers in Zusammenarbeit mit der „GSP – Gemeinnützigen Gesellschaft für soziale Projekte mbH“ und dem Verein „Lebens-Kunst e.V.“ (Essen) ein ungewöhnliches Theaterprojekt.

„Erinnern - Vergessen: Kunststücke Demenz“ zeigt in Moers, Duisburg, Krefeld, Mönchengladbach und Mülheim a. d. Ruhr unterschiedliche künstlerische Produktionen, die sich mit der fremden Welt dementer Personen auseinandersetzen. Dabei geht es den Machern weniger um wissenschaftliche Explikationen als um die Öffnung neuer Perspektiven.

Denn trotz stetig steigender Lebenserwartung und einer zunehmend alternden Gesellschaft spielt das Thema der Altersverwirrtheit im öffentlichen Diskurs kaum eine Rolle. Von der Krankheit Betroffene werden als hilflose, desorientierte und zu betreuende Wesen aus ihrem gewohnten sozialen Umfeld gerissen, in Heimen oder auch der häuslichen Umgebung gesellschaftlich isoliert. Die Reduzierung auf Krankheit und Verfall verhindert zwischenmenschliche Begegnungen. Denn sobald die geistigen Veränderungen offenkundig werden, nimmt man die Erkrankten nicht mehr in ihrer Individualität und Persönlichkeit wahr.

Das Moerser Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, Demenz als eine Lebensform sichtbar und fühlbar zu machen.

Im Mittelpunkt des Unternehmens stehen vier Theaterproduktionen, in denen altersverwirrte Menschen mitwirken und in künstlerischer Auseinandersetzung überraschende und fremde Seiten der Erkrankung aufdecken.

Im geschützten Rahmen von Pflegeeinrichtungen, unterstützt von sorgsam ausgewählten professionell geschulten Helfern soll der Spagat gelingen, einen unmittelbaren Kontakt zur Welt der Dementen herzustellen ohne die Betroffenen vorzuführen.

Beweis für dieses Gelingen ist der unbeschwerte Theaterabend „Ich muss gucken, ob ich da bin“, der bereits im April dieses Jahres uraufgeführt wurde. Entwickelt wurde das Stück in Zusammenarbeit der Regisseurin Barbara Wachendorff mit dem Familientherapeuten Andreas Wahlster. Sieben demenzkranke Schauspieler, behutsam geführt von drei professionellen Akteuren nehmen den Zuschauer in verschiedenen alltäglichen Episoden mit in ihre Welt. Ein anstrengendes und spannendes Unternehmen, das jeden Abend von allen Beteiligten ein Höchstmaß an Improvisation verlangt, da ein und derselbe Auslöser auf der Bühne immer neue Reaktionen der Laiendarsteller hervorrufen kann.

Neben weiteren Aufführungen dieses Stückes starten im Oktober zwei weitere Inszenierungen mit dementen Darstellern: das Tanzprojekt „Körpergedächtnis“ unter der Regie von Annette Kuss und die Gastspielproduktion „Ich schaue in meinen Garten“ des Regisseurs und Therapeuten Guido Moser. Desweiteren kommt ein Theater-Projekt mit Schauspielern des Schlosstheaters Moers zur Aufführung, das auf Gesprächen und Interviews mit dementiell veränderten Menschen und deren Angehörigen basiert. Das Stück unter der künstlerischen Leitung und Regie des Intendanten Ulrich Greb konzentriert sich auf die Darstellung von Grenzerfahrungen und die Herausforderungen der Erkrankung.

Ergänzt wird das Programm von Filmwochen, Lesungen, Diskussionsforen, Workshops, einer Zukunftswerkstatt und Ausstellungen. Der Schwerpunkt der vielfältigen Aktivitäten liegt im Oktober 2005.

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