Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Intrigen und VerratIntrigen und VerratIntrigen und Verrat

Intrigen und Verrat

"Maria Stuart" von Friedrich Schiller im Düsseldorfer Schauspielhaus

Das Stück beginnt mit einer kleinen intimen Szene wie von Georges de la Tour gemalt: auf der dunklen Bühne zwei Frauen, von unten beleuchtet, in flüsterndem Gebet vereint, Maria Stuart (Melanie Kretschmann) und ihre Amme Hanna Kennedy (Susanne Tremper). Mit einem ein durchdringenden elektronisches Signal und gleißendem Licht wird die Szene abrupt beendet. Die Bühne ist nun der Hochsicherheitstrakt eines Gefängnisses. Wachpersonal tritt auf. Sichtbar wird ein schräg hochgestelltes quadratisches Holzbrett, auf dem sich das Geschehen der nächsten zweieinhalb Stunden abspielt. Kreuzförmig angelegte Stege ermöglichen Auf- und Abgänge. Wenn Maria Stuart unverhofft Freigang hat, wird Rollrasen ausgelegt und sie tollt voller Freude darauf herum wie ein Kind.

Maria Stuart gibt sich fromm und unschuldig, dabei ist sie wahrlich kein Unschuldslamm. Sie ließ ihren Gatten ermorden und versucht eiskalt ihre Machtansprüche auf den Thron von England durchzusetzen, indem sie Attentate gegen die Königin Elisabeth plant. Als eine lange geforderte Begegnung endlich stattfindet, von der sie sich ihre Freilassung erhofft, demütigt sie die Königin, so dass von einer Versöhnung keine Rede mehr ist.

"Maria Stuart" ist ein Stück voller Intrigen und Verrat. Keiner vermag mehr dem andern zu vertrauen. Macht und Einfluss sind der Handlungsanlass. Und auch Liebschaften werden aus purer Machtiger eingegangen. Aber die eigentliche Hauptperson ist Elisabeth. Das Todesurteil über Maria Stuart zu unterschreiben, bringt sie in ein arges Dilemma, weiß sie doch, dass Marias Tod allein ihr angelastet würde. Sie zögert, windet sich, schwankt zwischen Gefühl und Staatsräson. Auf ihre Berater ist kein Verlass. Und die wohl schwerste Enttäuschung erlebt sie, als ihr engster Vertrauter, Graf Leicester, sich als Verräter entpuppt. Als das Todesurteil endlich unterzeichnet ist, versucht sie geschickt lavierend, die Verantwortung für die Vollstreckung durch unklare Anordnungen von sich zu weisen. Am Ende ist sie ganz allein, ihre Berater sind verbannt, verhaftet, geflohen oder entziehen sich. Im schicken Businesskostüm kann sie die Geschehnisse nur noch zur Kenntnis nehmen, für alles hat sie nur noch ein resignierend geäußertes "hmhm" im Sinne von "ach so!" übrig.

Stefan Bachmann hat das Stück von Schiller behutsam modernisiert und das Gewicht auf das politische Geschehen gelegt, Er konzentriert sich auf die Protagonisten, Nebenfiguren wurden gestrichen. Bei den Kostümen herrscht eine gelungene Mischung zwischen Renaissance und Gegenwart, offenbar konnte man den eindrucksvollen Renaissancekostümen nicht widerstehen. Eine gelungen Ensembleleistung, besonders überzeugend Olivia Grigolli als Elisabeth.

Inszenierung: Stefan Bachmann

Bühne :Hugo Gretler

Kostüm: Esther Geremus

Darsteller: Olivia Grigolli, Melanie Kretschmann, Susanne Trempe, Sebastian Blomberg, Winfried Küppers, Rainer Galke, Daniel Nerlich, Pierre Siegenthaler, Michele Cuciuffo

Premiere am 29. Februar 2008, Großes Haus

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 14 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

SPIEL ZWISCHEN LICHT UNDS SCHATTEN -- "Otello" von Giuseppe Verdi in der Staatsoper STUTTGART

Die Inszenierung von Silvia Costa integriert Videoeinlagen von John Akomfrah, wo die Otello-Tragödie in eindringlichen Bildern nachgezeichnet wird. Der erste Akt ist geprägt von einer Statue und einem…

Von: ALEXANDER WALTHER

ZWISCHEN KLASSIK UND UNTERHALTUNG -- "Heavy Metal aus Schwaben" im Schloss Bietigheim-Bissingen

Das Tuba-Euphonium Quartett des Landesblasorchesters Baden-Württemberg mit Steffen Burkhardt, Peter Teufel, Erich Hermann und Markus Scholl präsentierte einen interessanten Streifzug durch die…

Von: ALEXANDER WALTHER

ZAUBEREI UND KABARETT VERBUNDEN -- Kabarett mit Thomas Fröschle im Glasperlenspiel ASPERG

"Investigative Comedy vom Feinsten" präsentierte Thomas Fröschle im Glasperlenspiel, wobei er auf die Verwechslung mit "Äffle und Pferdle" gleich zu Beginn hinwies. Zauberkunst und Kabarett wurden…

Von: ALEXANDER WALTHER

VOM MEERESUNGEHEUER VERSCHLUCKT -- : "Pinocchios Abenteuer" von Lucia Ronchetti bei der Jungen Oper im Nord Stuttgart

Die Regisseurin Teresa Hoffmann versetzt Pinocchios Abenteuer in ihrer farbenprächtigen Inszenierung in eine fantastische Zwischenwelt. Damit wird ein Spielraum geöffnet, in dem Regeln gelten, die…

Von: ALEXANDER WALTHER

SICH SELBST BESIEGEN -- "Der Drache" von Jewgeni Schwarz im Theater Atelier STUTTGART

In seiner Inszenierung beschreibt Vladislav Grakovski eine beklemmende Situation. Das Bühnenbild von Vadim Zimmermann und die Kostüme von Lara Grakovski unterstreichen diese unheimliche Atmosphäre.…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑
StartseiteBeiträgeKritikenHintergründeTheatermacherServiceFachbegriffeSuche