Und die Liebe zwischen Kasimir und Karoline zeigt deutliche Risse. Er, soeben «abgebauter», also arbeitslos gewordener Chauffeur, sie, Büroangestellte und mit ihm verlobt, wollen sich eigentlich amüsieren, aber Streitigkeiten werfen sie immer wieder auseinander. Der Abend lässt sie sich stetig wiederbegegnen, aber trotzdem immer genauer verfehlen, bis sie sich am Ende gar nicht mehr finden können. Beide versuchen es mit neuen Liebschaften und diversen Amüsements, aber ohne rechtes Glück.
Ödön von Horváth nennt sein Stück «eine Ballade von stiller Trauer, gemildert durch Humor, das heisst durch die alltägliche Erkenntnis: Sterben müssen wir alle!». Mit «Kasimir und Karoline» schrieb er 1932 das Stück der Stunde, und diese Stunde schlägt aktuell wieder. Er selbst meinte über sein Schreiben: «Man wirft mir vor, ich sei zu derb, ekelhaft, zu unheimlich, zu zynisch und was es dergleichen noch an soliden, gediegenen Eigenschaften gibt – und man übersieht dabei, dass ich doch kein anderes Bestreben habe, als die Welt zu schildern, wie sie halt leider ist.»
TOD AUF DEN CHAMPS ELYSÉES - ÖDÖN VON HORVÁTH
«Ich bin eine typische alt-österreichisch-ungarische Mischung, ungarisch, kroatisch, tschechisch, deutsch, nur mit semitisch kann ich nicht dienen.», sagte der bekannte Schriftsteller über sich selbst. Anfang 1938, Horváth ist 36 Jahre alt und in grossen finanziellen Schwierigkeiten, reist er nach Aufent-halten in Zürich, Berlin und Wien nach Budapest. Über die politische Situation macht er sich keine Illu-sionen: «Gott, was sind das für Zeiten! Die Welt ist voller Unruhe, alles drunter und drüber, und noch weiss man nichts Gewisses! Man müsste ein Nestroy sein, um all das definieren zu können, was einem undefiniert im Wege steht! Die Hauptsache ist: Arbeiten! und nochmals: Arbeiten! und wieder: Arbeiten!» Auf der Rückreise in die Schweiz macht er in Paris Station, um Gespräche mit seinem französischen Über-setzer und mit dem Regisseur Robert Siodmak zu führen. Am Abend des 1. Juni wird Horváth auf den Champs Elysées bei einem heftigen Windstoss vom niederstürzenden Ast einer alten Kastanie am Hinter-kopf getroffen. Er ist auf der Stelle tot. In seiner Rocktasche findet man Notizen für einen neuen Text: «Ob es ein Trauerspiel werden wird oder ein Lustspiel – ich weiss es noch nicht … Soll die Frau sich vergiften oder nicht? Und was mach ich mit dem Mann? Vielleicht wär’s doch besser, wenn sie am Leben bliebe, obwohl ich Realist bin.»
Alice Buddeberg gehört zu den spannendsten und vielversprechendsten Regisseurinnen ihrer Generation. An der Theaterakademie in Hamburg ausgebildet, inszeniert sie seitdem regelmässig u.a. am Schauspiel Frankfurt, Schauspielhaus Hamburg sowie am Theater Bremen. 2011 erhielt sie für ihre herausragenden künstlerischen Leistungen den Kurt-Hübner-Preis und ist ab kommender Spielzeit Hausregisseurin am Theater Bonn. Mit Horváths «Kasimir und Karoline» stellt sie sich am Luzerner Theater zusammen mit ihrem dreiköpfigen Produktionsteam, Martina Küster, Sandra Rosenstiel und Stefan Paul Goetsch, erstmalig dem Schweizer Publikum vor.
Alice Buddeberg (Inszenierung),
Martina Küster (Kostüme),
Sandra Rosenstiel (Bühne und Masken),
Stefan Paul Goetsch (Musik),
Peter Weiss (Licht),
Ulf Frötzschner (Dramaturgie)
BESETZUNG
Christian Baus, Jörg Dathe, Hans-Caspar Gattiker, Wiebke Kayser, Juliane Lang, Bettina Riebesel, Franziska Schubert, Hajo Tuschy, Jürg Wisbach, Samuel Zumbühl PRODUKTIONSTEAM
WEITERE VORSTELLUNGEN 3.2. | 14.2. | 22.2. | 28.2. | 10.3. | 11.3. | 17.3.* | 3.4. | 7.4. (zum letzten Mal) *Theatertag, Vorstellung zum Einheitspreis CHF 39.-