Vor den Toren Mykenes, kurz vor ihrem Tod, lässt die Seherin Kassandra, Tochter des trojanischen Königs Priamos, ihr Leben und den Krieg um Troja noch einmal an sich vorüberziehen. Von Apollon wurde ihr die Sehergabe verliehen, doch da sie sich seiner Liebe widersetzte, verfluchte er sie: Niemand sollte Kassandras Prophezeiungen je glauben.
Den Krieg mit den Griechen konnte sie nicht verhindern, sie wurde zur Außenseiterin. Als sie herausfindet, dass der Krieg überhaupt nur um ein Phantombild geführt wird, da es ihrem Bruder Paris nie gelungen war, die wahre Helena zu entführen, weigert sich Kassandra, weiter für die Kriegspropaganda benutzt zu werden und wird dafür inhaftiert. Schutz und Anerkennung findet sie lediglich für kurze Zeit bei ihrem Geliebten Aeneas. Nach Trojas Fall wird die Seherin zu Agamemnons Beute – er verschleppt sie nach Griechenland, vor die Tore Mykenes …
„Kassandra“ erschien 1983 zeitgleich in der DDR und der BRD. In Christa Wolfs (1929–2011) Erzählung wird diese beeindruckende Frauengestalt aus der griechischen Mythologie zu einer Zeitgenossin: eine scheiternde Heldin, die sich gegen die Gewalt der Diktatur und die Macht der Männer auflehnt, und die nur nach ihrer eigenen Überzeugung lebt und handelt. Jedermann erkannte in der Seherin unschwer die Dichterin.
Caro Thum inszeniert ihre eigene Fassung des Werkes. Es ist die erste Regiearbeit der jungen Regisseurin für Theater&Philharmonie Thüringen. Bühne und Kostüme entwirft Stella Kasparek. Es spielen: Anne Diemer, Mechthild Scrobanita, Ulrich Milde und Philipp Reinheimer. Als wissenschaftlicher Berater fungiert Prof. Dr. Ulrich Sinn. Für die Dramaturgie zeichnet Geeske Otten.
Die gebürtige Saarbrückerin Caro Thum war zwei Jahre lang Regieassistentin am Staatstheater Stuttgart und studierte Regie an der Hochschule für Musik und Theater Zürich. Es folgten Projektarbeiten zu den Themen „Schicksal“ und „Angst“ am Vorstadttheater Basel und am Theater Basel. Weitere Regiearbeiten waren „Kabale und Liebe“ am Theater Basel und zwei Arbeiten im Rahmen des Autorenprojekts „Der Fremde ist nur in der Fremde fremd“ am Stadttheater Bern. Caro Thum erarbeitete die deutschsprachigen Erstaufführungen von Dennis Kellys Stücken „DNA“ am Staatstheater Mainz, „Kindersorgen“ am Theater Basel und die deutsche Erstaufführung von „Waisen“ am Staatstheater Nürnberg. Am Mainfrankentheater Würzburg inszenierte Caro Thum „Stoning Mary“ von Debbi Tueher Green und zuletzt „Das Ende des Regens“ von Andrew Bovell am Stadttheater Ingolstadt.
Caro Thum (Inszenierung)
Stella Kasparek (Ausstattung)
Geeske Otten (Dramaturgie)
Ulrich Sinn (Dramaturgiemitarbeit)
Mit Anne Diemer , Mechthild Scrobanita, Ulrich Milde, Philipp Reinheimer
Weitere Vorstellungen: 16. April 19.30 Uhr, 21. April 18.00 Uhr