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Kooperation mit Afrika - Das Landestheater Altenburg geht in die Offensive! Kooperation mit Afrika - Das Landestheater Altenburg geht in die Offensive! Kooperation mit Afrika -...

Kooperation mit Afrika - Das Landestheater Altenburg geht in die Offensive!

Ausgehend von der Idee von Schauspieldirektor Bernhard Stengele, dass das Theater mehr als jeder andere Ort spielerisch Grenzen jeglicher Art überwinden, Vorurteile abbauen und neue Welten aufmachen kann, kooperiert das Landestheater Altenburg in dieser und den folgenden Spielzeiten mit Künstlern und Theatern aus Burkina Faso, einem der materiell ärmsten Länder der Welt.

Das Theater bietet damit der fremdenfeindlichen und braunen Gesinnung im Osten Deutschlands, und hier besonders in Thüringen, die Stirn. Am Landestheater Altenburg erwarten die Besucher in dieser Spielzeit einige in Form und Inhalt ungewöhnliche Inszenierungen.

Den Anfang der Zusammenarbeit zwischen drei Künstlern aus Burkina Faso in Westafrika und dem Landestheater Altenburg macht am 16. November im Theater unterm Dach ein Programm mit Märchen und Sagen aus Afrika und Europa. Unter dem Titel „Nicht nur zur Weihnachtszeit“ steht die Tradition des Griots, des Geschichtenerzählers, wie er in weiten Teilen Afrikas vorkommt, im Vordergrund, womit eine ganz ursprüngliche Form des Theaters auf der hiesigen Bühne Einzug hält. Gemeinsam, in einem interaktiven Dialog mit den Zuschauern entsteht ein Stück, ein Unikat und somit eine Uraufführung an jedem Abend. So werden die alten Geschichten, die nirgendwo aufgeschrieben stehen, ganz lebendig und jeder wird sie verstehen.

Von Zusammenarbeit, Interaktion und Kreativität der Zuschauer ist auch das diesjährige Weihnachtsmärchen „Ayana Rabenschwester“ geprägt, dessen Ursprünge von Zentral- und Westafrika bis ins Deutschland der Brüder Grimm reichen. Mona Becker und Bernhard Stengele haben ein Stück für Kinder ab fünf Jahre geschrieben, in dem es um Familie und Freundschaft geht und um die Erkenntnis, dass, wer teilt und gibt, am Ende immer der Gewinner ist. Es darf getrommelt und getanzt werden. Stillsitzen und nichts sagen ist hier nicht erwünscht! Premiere ist am 6. Dezember im Landestheater Altenburg. Die neue Theaterpädagogin Jule Eicke und der Schauspieler Ouelgo Téné sind bereits an den Schulen und Kindertageseinrichtungen in und um Altenburg unterwegs, um die Kinder spielend, tanzend und singend auf das Stück vorzubereiten. So können die kleinen Gäste essenzielle Passagen des Stückes schon im Voraus erlernen und am tatsächlichen Aufführungstag direkt aktiv mitwirken, was ganz im Sinne der partizipativen Idee dieses afroeuoropäischen Theaters stehen dürfte.

Im kommenden Frühjahr wird dann mit „Freitag & Robinson“ ein Klassenzimmerstück Premiere feiern, das die Defoe'sche Geschichte vom subalternen Wilden und seinem weißen Erzieher aus der Perspektive des Freitag neu erzählt. Dabei wird nun Robinson als unwissender und merkwürdiger „Wilder“ karikiert. In dieser Inszenierung wird entsprechend ein Bukinabé mit einem Deutschen auf der Bühne stehen. Der Premierentermin wird noch bekannt gegeben. Bei Bedarf kann selbstverständlich auch dieses Stück an den Schulen vorbereitet werden. Dazu wenden sich interessierte Lehrer bitte direkt an Jule Eicke.

„Ich bin Leben, das leben will“ – mit diesem Projekt gedenkt das Landestheater Altenburg des Friedensnobelpreisträgers Albert Schweitzer, der vor 100 Jahren sein Urwaldhospital in Afrika gründete. Schweitzer, dessen Arbeit zeitlebens von seiner Philosophie „Ehrfurcht vor dem Leben“ geprägt war, wird an einem Ort gewürdigt, den er als leidenschaftlicher und berühmter Organist so sehr zu schätzen wusste: In der Brüderkirche wird mit den Mitteln des afrikanischen Erzähltheaters und der Musik Bachs und Mendelssohns eine Aufführung entstehen, die die Radikalität der Forderung Schweitzers aufzeigt, alles Leben zu achten, natürlich das von Tieren und auch das von Pflanzen, und ahnen lässt, welche einfachen Möglichkeiten es gäbe, der empörenden Ungerechtigkeit in dieser Welt zu begegnen. In Anlehnung an den kirchlichen Wechselgesang werden Darsteller und Publikum gemeinsam die Aufführung des Abends entwickeln. Und damit der Leitsatz Schweitzers „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will“ nicht nur als Zitat den sakralen Bau verziert, wird auch gemeinsam gekocht und gegessen. Die Uraufführung ist am 16. Januar 2013 in der Brüderkirche im Rahmen des Reformationsjahres „Reformation und Toleranz“ und geht danach auf Gastspielreise durch ganz Deutschland.

Die Besucher von Theater&Philharmonie Thüringen lernen in dieser Spielzeit drei Künstler aus Burkina Faso kennen, mit denen Schauspieldirektor Bernhard Stengele bereits in dem von ihm initiierten Afrikaprojekt „Les funérailles du désert“ arbeitete.

Rasmata Rachelle E. Ouedraogo

ist 1973 in Burkina Faso geboren. Nach einem angefangenen Studium der Wirtschaft und Buchhaltung folgten eine Ausbildung zur Schauspielerin am Atelier Théatre Burkinabé sowie Fortbildungen im Bereich Schauspiel und Tanz. Während ihrer Zeit am ATB war Rachelle Ouedragogo u.a. in Stücken von Aimé Césaire, Wole Soyinka, Moussa Konaté und La Fontaine zu sehen. Im C.I.T.O. Theater stand sie u.a. in Brechts „Der gute Mensch von Sezuan“ als Madame Shin und in Wole Soyinkas „Death and the King’s Horseman“ auf der Bühne. Internationale Tourneen führten sie nach Benin, Mali, Niger, Deutschland, Belgien, Frankreiche und in die Elfenbeinküste. Rachelle Ouedraogo spricht Französisch, Englisch, Mooré, Dioula und etwas Deutsch.

Mahamoudou Tapsoba

ist 1970 in Burkina Faso geboren. Der Schauspieler, Sänger, Unterhaltungskünstler und Musiker Mahamoudou Tapsoba absolvierte zahlreiche Ausbildungen in Burkina Faso, Europa und in den Maskarenen. Neben seiner schauspielerischen Arbeit am C.I.T.O. Theater in Ouagadougou führten ihn Gastspiele nach Frankreich, Dänemark, Italien und in verschiedene afrikanische Staaten. Vor der Kamera stand er u.a. in „Trois hommes un village“ (2005) und in „Cœur de lion“ (2008). Als Autor und Regisseur inszenierte er mit seiner eigenen Theaterkompanie die Produktionen „Yamwekre“ und „Laafia“ (2007). Mahamoudou Tapsoba spricht Französisch, Englisch, Mooré, Dioula und Dafin.

Ouelgo Téné

ist 1984 in Burkina Faso geboren. Er lernte Tanz und Schauspiel in Ouagadougou u.a. bei Jo Stromgren und machte 2006 eine Fortbildung zum Clown in Belgien. In der Schweiz sammelte er Erfahrungen im Bereich der Musiktherapie. Nach mehreren Produktionen im Bereich des Kindertheaters mit der Kompanie „Les merveilles du Burkina“ folgten Engagements in Burkina und Belgien sowie Tourneeauftritte und auch Fernseh- und Filmauftritte. Er ist Leiter von Aado einer theaterpädagogischen Initiative in Ouagdougou und zukünftiger Partner der Theaterfabrik Gera. Ouelgo Téné spricht Mooré, Französisch, Dioula und ganz gut Deutsch.

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