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La porta della legge" von Salvatore Sciarrino / "Die sieben Todsünden" von Kurt Weill im Staatstheater Braunschweig

Premiere Fr, 12. Januar 2018, 19:30 Uhr, Großes Haus

Jahre verbringt ein Mann vor der Tür zum Gesetz, wird aber vom Wächter nicht hereingelassen, was auch immer er versucht. Im Sterben erfährt der Mann schließlich, dass diese Tür nur für ihn bestimmt gewesen sei. Salvatore Sciarrino erzählt Kafkas »Vor dem Gesetz« als musikalisch subtiles und auswegloses Musiktheater. In Kurt Weills »Die sieben Todsünden« versuchen die Schwestern Anna I und Anna II, ihr Schicksal in ihre Hände zu nehmen: Sie sind aufgebrochen, um genug Geld für ein Haus für ihre Familie aufzutreiben. Jede Station der Reise repräsentiert eine Todsünde, die Brecht/Weill als

einen Luxus zeigen, den sich nicht jeder leisten kann.

In der Inszenierung von Aniara Amos, die vor kurzem mit einer bemerkenswerte Interpretation von Verdis Rigoletto an der Königlichen Oper Kopenhagen beeindruckte und unter der Musikalischen Leitung des 1. Kapellmeisters Iván López Reynoso feiert dieser Sciarrino/Weill-Brecht Doppelabend im Großen Haus des Staatstheaters Braunschweig

»Ora no« / »jetzt nicht« – mit diesem Satz verwehrt der Türhüter dem Mann vom Lande den Eintritt in das Gesetz, obgleich dessen Tür immer offen steht. Der Mann lässt sich von der bürokratischen und drohenden Überheblichkeit des Wächters einschüchtern und verbringt – wartend auf Erlaubnis – Jahre vor der Tür. Er versucht, den Wächter zu bestechen, er bittet sogar die Flöhe in dessen Pelzkragen um Hilfe. Als er immer schwächer wird und den Türhüter schließlich fragt, warum in all den Jahren niemand außer ihm Einlass begehrt habe, erfährt er sterbend, dass die Tür nur für ihn bestimmt war.

Franz Kafkas Parabel Vor dem Gesetz aus seinem Roman Der Prozeß hat Salvatore Sciarrino zu einem Musiktheater inspiriert, das die Verzagtheit des Mannes und seine fortschreitende Erstarrung kompositorisch verschränkt mit der Personifikation der Bürokratie im Türhüter: Er repräsentiert Gesetz und Verbot als Verhinderung selbstbestimmten
Handelns. Die Geschichte wird mit Variationen zweimal durchgespielt, in einem kurzen Finale, das abrupt abbricht, ahnen wir, dass sie sich endlos wiederholen wird.

Es ist eine Familiengeschichte: Anna wird von ihrer Familie in Louisiana in die Welt geschickt, um Geld für den Bau eines Hauses zu verdienen. Doch das Bestehen in der Welt ist immer wieder mit Anpassungen oder sogar dem Verkauf der eigenen Seele verbunden. Um all das ertragen zu können, spaltet sich Anna in einen moralisch-durchdachten (Anna I) und einen sündhaft-naiven Teil (Anna II), die sich wie in einem psychologischen Profil in steter Zwiesprache miteinander befinden. Sie durchleben eine siebenjährige Reise durch sieben Städte und begegnen dabei Faulheit, Stolz, Zorn, Völlerei, Unzucht, Habsucht und Neid. Und die Familie wird mit jedem neuen Stein für das stetig wachsende Haus bösartiger und
fordernder. – Am Ende ist Anna wieder in Louisiana, das Haus ist fertig und die Familie urteilt selbstgerecht: „Wer über sich selber den Sieg erringt, der erringt auch den Lohn.“
 

  • Musikalische Leitung: Iván López Reynoso
  • Regieund Bühne: Aniara Amos
  • Kostüme: Sarah J. Rolke
  • Video: Thomas Zipf
  • Dramaturgie: Sarah Grahneis
  • L'Uomo l: Maximilian Krummen
  • L'Uomo ll: Iván López Reynoso / Nana Dzidziguri
  • L'Usciere: Ernesto Morillo

  • Anna l: Carolin Löffler, Milda Tubelytė
  • Anna ll: Nana Dzidziguri
  • Tenor l: Noriyuki Sawabu, Matthias Stier
  • Tenor ll: Mike Garling
  • Bariton: Vincenzo Neri
  • Bass (Die Mutter): Ernesto Morillo
  • mit dem Staatsorchester Braunschweig

    Weitere Termine: Fr, 19.01.2018, So, 28.01.2018, So, 18.02.2018 , Do, 22.02.2018, So, 04.03.2018, Di, 10.04.2018, Sa, 05.05.2018, Fr, 22.06.2018

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