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Luisa im Puppenheim

"Luisa Miller" in der Deutschen Oper am Rhein

Luisa ist jung, aber so jung denn doch nicht, wie Carlos Wagner sie macht! In seiner Inszenierung von Verdis Oper "Luisa Miller" für die Deutsche Oper am Rhein räkelt sich die Protagonistin im Nachthemd, aus dem sie nicht mehr herauskommt, behaglich im Bett ihres Kinderzimmers. Dieses ist mit kindlichen Wandkritzeleien von oben bis unten bedeckt. Benötigt sie Trost, taucht Laura als Kinderengelchen vom Himmel herab - und der Chor als putzige Bilderbuchpappfigürchen verkleidet gleich dazu. Der düstere Wald dagegen besteht aus dicken aufgeplatzten Betonsäulen, in denen man Reste der Stahlkonstruktionen erkennen kann, die mühsam mit dicken Tauen zusammengehalten werden. Offenbar soll damit symbolhaft der Kontrast zwischen den beiden familialen Welten, der Walterschen und der Millerschen, verdeutlicht werden, dort Schatten, hier Licht, und Wurm als magenkranke Schattengestalt zwischen beiden Welten.

Gewiss, kontrastreich ist Verdis Oper angelegt, die auf Schillers Trauerspiel "Kabale und Liebe" fußt, allerdings auf die Hauptrollen reduziert wurde, was dazu führte, dass der Fokus von der Sozialkritik auf das Familiendrama gelegt wird. Einerseits der sehr autoritäre Vater Conte di Walter, der möchte dass sein Sohn gesellschaftlich aufsteigt, indem er die verwitwete Herzogin Federica heiratet, hier der eher liberalere Vater Miller, der seine Tochter nicht zu einer Heirat mit dem ungeliebten Wurm zwingen möchte, zu einer Zeit als Liebesheiraten nicht Usus waren. Dazwischen das verliebte Pärchen Rodolfo und Luisa, das allein durch seine Liebe gegen gesellschaftliche Konventionen verstößt. Rodolfo lehnt sich gegen seinen Vater auf, Luisa dagegen steht in einer liebevollen Beziehung zu ihrem Vater, die eher auf Dialog abzielt. Die Walter-Familie gegründet auf Unrecht, die Miller-Familie auf Ehrlichkeit, darüber hinaus die reife Federica und die junge Luisa.

Welche Vielfalt an Möglichkeiten der Personencharakterisierung und psychologischen Deutung! Stattdessen kindliches Herumgehopse, hier ein Tänzchen und dort gestisches Unterstreichen der Musik. Wüsste man es nicht besser, man könnte meinen, der Regisseur wolle Verdi vorführen. Auch das Kinderzimmer, das im Lauf des Geschehens immer kleiner wird, ist ein schwaches Bild für die Bedrängnis, in die Luisa durch die Intrige Wurms, der sie für sich gewinnen möchte, geraten ist. Warum muss Luisas Unschuld partout mit dem Adjektiv "kindlich" assoziiert werden?

Allein das hohe Niveau der Sänger und Sängerinnen, des Chores und Orchesters konnte dermaßen überzeugen, dass es dennoch einen stürmischen Schlussapplaus gab.

LUISA MILLER von Giuseppe Verdi

Melodramma tragico in drei Akten

Libretto von Salvatore Cammarano nach dem bürgerlichen Trauerspiel „Kabale und Liebe“ von Friedrich Schiller

Der Graf von Walter: Thorsten Grümbel

Rodolfo: Andrej Dunaev

Federica: Susan Maclean

Wurm: Sami Luttinen

Miller: Boris Statsenko

Luisa: Olga Mykytenko

Laura: Iryna Vakula

Ein Bauer: Paul Stefan Onaga

Chor: Chor der Deutschen Oper am Rhein

Orchester: Düsseldorfer Symphoniker

Musikalische Leitung: Christoph Altstaedt

Inszenierung: Carlos Wagner

Bühne: Kaspar Zwimpfer

Kostüme: Christof Cremer

Licht: Volker Weinhart

Chorleitung: Gerhard Michalski

Dramaturgie: Bernhard F. Loges

Premiere 28.09.2013 - Opernhaus Düsseldorf

Nächste Vorstellungen: Sa. 19.10, So. 27.10., Sa. 02.11.13

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