So lange es eine bürgerliche Gesellschaft gab, hatte sie in dieser rabiaten Räuberbande ihr vermeintliches Gegenbild, und das Pathos dieser schrecklichen Gemeinschaft wirkt noch heute bedrohlich: Wo immer sich ein Gedanke aus Verzweiflung, Diskriminierung und Einsamkeit zu solcher Radikalität steigert, die letztlich selbst die Geliebte dem Gehorsam opfert, begegnen wir Karl Moors Unbedingtheitswahn wieder. Karl Moor ist, wie der Titelheld aus Schillers letztem Stück Don Carlos, ein früh an Geist und Gemüt gebrochener Mensch, ein loses Blatt im Winde seiner heftigen Gefühle, der am Ende ein reifes Menschsein erahnt, das zu leben ihm nicht mehr vergönnt ist. Und in dieser tragischen Situation ist Schillers Debütstück auch eine sehr deutsche Parabel darüber, wie die Abwesenheit eines Vaters ersetzt wird durch die Anwesenheit eines Führers, der „Reue und kein Erbarmen“ fordert und sein Gefolge in den Krieg führt.
Regie Nicolas Stemann
Bühne Stefan Mayer
Kostüme Esther Bialas
Musik Thomas Kürstner, Sebastian Vogel
Video Claudia Lehmann
Dramaturgie Benjamin von Blomberg
Mit Schauspielern aus dem Ensemble des Thalia Theaters