Nora Helmers Ausbruch aus ihrer Ehe hat im Jahre 1879 für Aufruhr gesorgt. Deshalb wurde die deutsche Erstaufführung von Henrik Ibsens „Nora oder Ein Puppenheim“ in Hamburg mit einem geänderten Schluss gezeigt: Anstatt ihren Mann Torvald zu verlassen und trotz der Einsicht, dass er sie nur als Objekt wahrnimmt, blieb Nora bei ihm und den gemeinsamen Kindern. In seiner Inszenierung geht Hausregisseur Felix Rothenhäusler den Fragen nach, inwiefern noch heute (fast 140 Jahre später) gesellschaftliche Erwartungen, Rollenzuschreibungen und Konventionen die Gesellschaft prägen, die aus der emanzipatorischen Sicht kritisiert, aber auch zunehmend begehrt werden – aus der Sehnsucht nach Sicherheit und Zugehörigkeit.
Rollenzuschreibungen wie in „Nora oder Ein Puppenheim“ sind grundsätzlich in einer konventionellen, bürgerlichen Gesellschaft verankert. „Da sich das bis heute nicht geändert hat, ist das Stück, obwohl es zwischenmenschliche Beziehungen von vor 137 Jahren zeigt, doch gar nicht so weit von uns entfernt“, erzählt Rothenhäusler. In seiner Inszenierung kommen sechs Menschen zusammen, um sich den Spielregeln einer konventionellen Gesellschaft zu unterwerfen. Im wechselseitigen Verhältnis dominanter Positionen und der bewussten Anwendung kommunikativer Mechanismen zeigt sich, wie gleichwohl brutal und befreiend Rollenmuster sein können. Eigentlich in einem Wohnzimmer angesiedelt, wird die Handlung des Stückes in eine Art Dschungel verlagert. „Uns war es wichtig, den Gegensatz von einer unberechenbaren Natur und der sich etablierenden Gesellschaft zu verdeutlichen“, erklärt Rothenhäusler.
Felix Rothenhäusler (*1981) ist seit der Spielzeit 2012/13 Hausregisseur am Theater Bremen und wurde mit seinen Inszenierungen nach Straßburg, Moskau, Brünn, Königgrätz und München eingeladen. Seine genaue Beobachtung menschlichen Verhaltens und das Interesse an modifizierter Weltwahrnehmung spiegeln sich in seinen Arbeiten wider. Zuletzt brachte er die Romane „Nichts von euch auf Erden“ von Reinhard Jirgl an den Münchner Kammerspielen und David Cronenbergs „Verzehrt (Consumed)“ am Theater Bremen zur Uraufführung. „Le Nozze di Figaro“ in der vergangenen Spielzeit war seine erste Arbeit im Musiktheater.
Regie: Felix Rothenhäusler
Bühne: Thomas Rupert
Kostüme: Elke von Sivers
Musik: Matthias Krieg
Dramaturgie: Viktorie Knotková
Mit:
Karin Enzler, Lisa Guth, Carola Marschhausen, Siegfried W. Maschek, Robin Sondermann, Matthieu Svetchine
Weitere Termine unter www.theaterbremen.de