In vielerlei Hinsicht ist es ein sehr modernes Werk; denn niemandem gelang es so wie Čechov, „die Fehler der menschlichen Natur in unserer Zivilisation oder den Bankrott der Gebildeten angesichts der Niedrigkeit des Alltagslebens darzustellen“.
Ivan Voinizkij, genannt Onkel Vanja, verwaltet das Gut seiner verstorbenen Schwester, die Erträge schickt er größtenteils an seinen Schwager Professor Serebjakow, dessen Arbeit er sehr bewundert. Dem Onkel zur Seite steht seine Nichte Sonja, die in den Landarzt Astrow hoffnungslos verliebt ist. Ein Besuch des Professors mit seiner zweiten, jungen Frau unterbricht die Eintönigkeit des Landlebens. Doch dieser Besuch, von allen mit gro-ßer Freude erwartet, wird zu einer riesigen Enttäuschung. Sonja bekommt vor Augen ge-führt, dass ihre Liebe nicht erwidert wird. Vanja muss erkennen, dass der von ihm so hoch geschätzte Professor nichts anderes als ein Scharlatan und Schmarotzer ist. Als Vanja erfährt, dass sein Schwager das Gut verkaufen will, schießt er auf ihn, verfehlt ihn jedoch. Die Besucher reisen wieder ab, das Landgut wurde nicht verkauft, und alles bleibt beim Alten.
Durch das Stück „Onkel Vanja“ zieht sich eine melancholische Stimmung der Traurigkeit und Einsamkeit. Die Menschen bleiben den Gesetzen der Gewohnheit unterworfen, unfä-hig, ein neues, anderes Leben aufzubauen. Und so bleibt nur das Gefühl einer großen Sehnsucht. „Jene, die hundert oder zweihundert Jahre nach uns leben und uns verachten werden, weil wir so dumm und geschmacklos unser Leben vertan, jene werden vielleicht ein Mittel finden, wie man glücklich wird.“ So urteilte Anton Čechov.
Über 100 Jahre sind seit der Uraufführung vergangen. Und das Stück hat seine Aktualität behalten und ausgeweitet. Die Auseinandersetzung zwischen „Mensch und Natur“ ist geblieben und hat sich noch wesentlich verschärft. In der heutigen, schnellebigen Zeit, die es kaum möglich macht, dem Menschen einen tiefen Lebenssinn anzubieten, rücken die Menschen Čechovs dem Zuschauer sicher wieder ungeheuer nah und garantieren einen faszinierenden Theaterabend.
Regie: Wolfgang Quetes
Bühnenbild: Manfred Kaderk
Kostüme: Anke Drewes
Dramaturgie: Wilfried Harlandt
Mitwirkende:
Regine Andratschke (Marija Vojnickaja), Penny Sibylle Michel (Marina, die alte Njanja), Julia Stefanie Möller (Elena Andreevna), Judith Patzelt (Sofja Aleksandrovna); Wolf-Dieter Kabler (Serebrjakov), Marek Sarnowski (Michail Astrov, Arzt), Johann Schibli (Ivan Vojni-ckij (Vanja)), Wendelin Starcke-Brauer (Ilja Telegin), N.N. (Knecht)
Weitere Vorstellungen im Juni:
Mittwoch, 08. Juni, 19.30 h, Kleines Haus
Sonntag, 12. Juni, 18.00 h, Kleines Haus
Donnerstag, 16. Juni, 19.30 h, Kleines Haus
Dienstag, 21. Juni, 19.30 h, Kleines Haus
Freitag, 24. Juni, 19.30 h, Kleines Haus
Mittwoch, 29. Juni, 19.30 h, Kleines Haus