Auf seiner Reise durch die Welt führt er ein Leben der Extreme: Im Reich der Trolle zeugt er ein Kind mit der Tochter des Troll-königs, als Glücksritter und Waffenhändler zieht er durch Afrika, als Prophet und Mörder landet er im Irrenhaus. Nur zu sich selbst findet er dabei nie. Peer Gynt führt ein Leben ohne Bezug zu seinen Mitmenschen. Denn er weiß genau, wie Erfolg und Reichtum in der modernen Welt zu erlangen sind: „Sich frei und unbeteiligt in der Schwebe zwischen den Fallstricken des Lebens zu halten. Zu wissen, dass dir immer ein Hintertürchen offenbleibt.“ Nach durchwanderten Jahren, während derer er unzählige Identitäten angenommen und abgestreift hat, begreift er spät: Wie eine Zwiebel besteht sein Leben aus lauter Schalen ohne Kern. Als alter Mann macht er sich schließlich auf den Heimweg: Zu sich selbst? Solveig, mit der er keine Lebens-Zeit verbracht hat, tröstet ihn am Sterbelager: „Schlaf, schlaf und träume.“
Der norwegische Dramatiker Henrik Ibsen stammte aus einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie, doch musste er als noch nicht achtjähriges Kind erleben, wie die bürgerliche Existenz seines Vaters durch Bankrott vernichtet wurde. Trotz der aufgezwungenen Apothekerlehre wandte er sich früh dem Theater zu und wurde schon als Dreiundzwanzigjähriger Leiter des Theaters in Bergen. Mit Peer Gynt schuf er 1867 eine fantastische Mischung aus Volksmärchen, Abenteuergeschichte und philosophischer Abhandlung über den modernen Menschen. Das Stück, häufig als „nordischer Faust“ bezeichnet, folgt dem naiv-impulsiven Peer auf seiner lebenslangen Identitätssuche. Anders als in seinen späteren „Gesellschaftsdramen“ bearbeitet Ibsen die Lebensgeschichte seines Protagonisten hier noch nicht retrospektiv-analytisch, sondern lässt sie in einzelnen Stationen vor dem Auge des Zuschauers abrollen. Die Spannung zwischen halb phantastisch-märchenhafter und halb historisch-realistischer Welt spiegelt sich auch in der Spannung der Hauptfigur: Peer ist halb verführerischer Träumer, halb kompromissloser Egoist. Die formale Gestaltung mit ihrer Stationentechnik, ihrem epischen Stil und der Verkörperung innerer Kräfte in symbolhaften Figuren hatte großen Einfluss auf das moderne Theater und nimmt Expressionismus und Surrealismus, ja selbst Beckett und Freud vorweg. Die Schnitttechnik könnte man fast filmisch nennen. Ein Stück geradezu prädestiniert für die neue Arenabühne im Schauspielhaus an der Promenade.
GERHARD WILLERT INSZENIERUNG
Gerhard Willert ist in der Nähe von Regensburg geboren. Nach seinem Germanistik-, Anglistik- und Romanistikstudium in Regensburg und Freiburg inszeniert er erstmals in Cardiff/Wales. Zahlreiche Schauspielinszenierungen folgten, u. a. in Wiesbaden, Rennes, Bremen, Lübeck und am TAT Frankfurt. 1993 wird er am Schauspielhaus Wien engagiert, an dem er in zwei Spielzeiten als Regisseur aktiv ist. Für seine Inszenierung von Philip Ridleys Disney-Killer wird er mit der Kainz-Medaille ausgezeichnet. Weitere Engagements führten ihn u. a. an das Bayrische Staatsschauspiel München, das Thalia Theater Hamburg und an das Mannheimer Nationaltheater, wo er Werke z. B. von Anton Tschechow und Botho Strauss inszenierte. Seine Mannheimer Inszenierung von Ibsens Baumeister Solness wird 1996 zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Seit 1998 ist er Schauspieldirektor am Landestheater Linz, an dem er auch regelmäßig inszeniert.
Deutsch von Frank Günther
INSZENIERUNG Gerhard Willert
BÜHNE UND KOSTÜME Alexandra Pitz
MUSIK Wolfgang “Fadi“ Dorninger
DRAMATURGIE Kathrin Bieligk
Mit
Eva-Maria Aichner
Katharina Vötter
Carina Werthmüller
Georg Bonn
Björn Büchner
Sven-Christian Habich
Peter Pertusini
Lutz Zeidler
Weitere Termine 29. März; 1., 11., 13., 15., 22., 24. April; 8., 16. Mai 2015