Marianne, Tochter eines „Zauberkönigs“, kann Dummheit nicht aushalten, sucht die grosse Liebe und büsst dafür.
Draussen im Wienerwald ist in der Luft ein „Singen und Klingen“ zu spüren, drinnen in der Wienerstadt spielt in einer stillen Strasse jemand den Johann Strauss-Walzer „Geschichten aus dem Wiener Wald“.
Zarte Melodien und süssliche Idyllen erfüllen Horváths Stück – wenn nur die Menschen danach wären! Aber die zeigen sich bei diesem Dichter gerne von ihrer scheusslichsten Seite, gemäss dem Motto: „Nichts gibt so sehr das Gefühl der Unendlichkeit als wie die Dummheit.“
In Horváths „Volksstück“ laufen die Geschäfte wie immer, nur schlechter: Der Spielwarenladen, den der sogenannte Zauberkönig und seine Tochter Marianne betreiben, steht vor dem Konkurs, der Fleischer
Oskar, Mariannes Verlobter, hat nach dem Tod seines „armen Mutterls“ beim Schlachten keine rechte Freude mehr und die alleinstehende „Trafikantin“ Valerie hat sich einem Hallodri ausgeliefert, dem arbeitslosen Alfred, der seine Schulden bei Pferdewetten vergrössert. Doch aus diesen nachbarschaftlich gewachsenen Abhängigkeitsverhältnissen scheint die Liebe plötzlich eine Tür zu öffnen: Marianne entdeckt an der schönen blauen Donau in Alfred ihren Schutzengel. Mit ihm will sie
ein neues Leben beginnen, unbeeindruckt von seiner entlarvend zurück2 haltenden Antwort: „Du denkst zu viel.“ „Bildungsjargon“ nennt Horváth die Sprache seiner Menschen. Ihr emotionales Unvermögen äussert sich in Sprachlosigkeit und einem Konglomerat aus Zitaten, Floskeln und Phrasen, das umso demaskierender wirkt, je vorgeschobener die intellektuellen Anleihen sind.
Der österreichisch-ungarische Dichter Ödön von Horváth, 1938 im Alter von 36 Jahren in Paris durch einen herabstürzenden Ast zu Tode gekommen, schuf mehrere bedeutende Stücke („Kasimir und Karoline“, „Glaube Liebe Hoffnung“, „Zur schönen Aussicht“) und Romane („Jugend ohne Gott“, „Der ewige Spiesser“). Für „Geschichten aus dem Wiener Wald“, das bei der Uraufführung 1931 in Berlin für einen Skandal sorgte, erhielt er im selben Jahr den Kleist-Preis.
Karin Henkel, geboren 1970 in Köln, begann ihre Regiekarriere – als jüngste jemals dort tätige Regisseurin – am Wiener Burgtheater. Es folgten Inszenierungen am Thalia Theater Hamburg, an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin, am Schauspielhaus Bochum, am Schauspiel Leipzig, am Schauspielhaus Zürich („Woyzeck“ 1999, „Das weite Land“ 2004), am Deutschen Theater Berlin sowie am Schauspielhaus Düsseldorf. Zuletzt arbeitete sie am Deutschen Schauspielhaus Hamburg („Glaube Liebe Hoffnung“), am Schauspiel Köln („Der Kirschgarten“), am Schauspiel Frankfurt („Drei Schwestern“) und an den Münchner Kammerspielen („Macbeth“). Ihre Kölner Inszenierung „Der Kirschgarten“ wurde 2011 zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Am Schauspielhaus Zürich waren in den vergangenen zwei Spielzeiten in ihrer Regie „Alkestis“ von Euripides und „Viel Lärm um nichts“ von William Shakespeare zu sehen, nun wendet sie sich Horváths kleinbürgerlichem Welttheater zu.
Regie Karin Henkel
Bühne und Kostüme Henrike Engel
Musik Alain Croubalian
Licht Gerhard Patzelt
Dramaturgie Roland Koberg
Mit:
Marianne Lilith Stangenberg
Zauberkönig Michael Neuenschwander
Oskar Matthias Bundschuh
Valerie Friederike Wagner
Rittmeister Jean-Pierre Cornu
Alfred Aurel Manthei
Die Mutter Fritz Fenne
Die Grossmutter Kate Strong
Havlitschek Alexander Maria Schmidt
Erich Christian Baumbach
Conférence Fritz Fenne/Kate Strong
Varieté-Tänzerinnen Statisterie
Dead Brothers Alain Croubalian
Matthias Lincke
Stefan Baumann
Mago Flueck
Weitere Vorstellungen im Pfauen:
17./ 20./ 21./ 30./ 31. Januar, jeweils 20 Uhr
22. Januar, 15 Uhr
1. Februar, 20 Uhr
Weitere Vorstellungen sind in Planung.