Drei Kammermusikwerke – Begleitprodukte der Oper «Votre Faust» – werden in einer rund einstündigen experimentellen Inszenierung gezeigt: «Miroir de Votre Faust» (1965), «Échos de Votre Faust» (1967) und «Les Ruines de Jeruzona» (1978). Dabei kommt die Grundidee des «Nouveau Roman», einer Bewegung, die nach dem zweiten Weltkrieg entstand, sehr gut zum Ausdruck: das Aufbrechen etablierter Formen, die Kombination verschiedener Kunststile, das Neuerfinden der Gattungen. Das Publikum sitzt verstreut im Raum, der an ein Labyrinth erinnert, und ist Zeuge einer Aufführung, die mit viel Ironie Figuren aus be-kannten Mythen der europäischen Kulturgeschichte in neuem Licht zeigt: Don Giovanni taucht da ebenso auf wie der König von Thule. Christine Cyris spielt mit Bildern und Assoziationen und lässt der Fantasie des Betrachters damit freien Lauf. Die Regisseurin und Gast-Dozentin der Hochschule Luzern – Musik hat die szenische Umsetzung gemeinsam mit den Studierenden erarbeitet, die auch die Hauptakteure des Abends sind.
«Faust-Satelliten» ist Bestandteil des Festivals «Szenenwechsel» der Hochschule Luzern – Musik, das vom 16. bis 24. Januar 2010 dauert und eine lebendige Vielfalt musikalischer Stile und Traditionen aufzeigt.
AUS DEM SPIELZEITHEFT:
Faust und kein Ende. 1960 wagten der Komponist Henri Pousseur und der Schriftsteller Michel Butor eine gemeinsame neue Version des Stoffs. Den Gründer des «Studio de Musique Electronique» in Brüssel und den Repräsentanten des «Nouveau Roman» interessierte dabei insbesondere die Möglichkeit einer be-weglichen, offenen Form des Kunstwerks. Das nach sieben intensiven Arbeitsjahren erreichte Ergebnis trägt denn auch den Untertitel «Fantaisie variable genre opéra». Der Titel selbst, «Votre Faust», macht die Dimension der Öffnung deutlich: Das Publikum kann mit wiederholten Abstimmungen in das Geschehen eingreifen und dessen Verlauf beeinflussen. So wie das Libretto folglich mit Aleatorik spielt und dabei geis-tesgeschichtliche Tiefenbohrungen am Mythos durchführt, so bezieht sich auch die Partitur vielfach auf bereits vorhandenes Material, das zitiert und collagiert, aber auch verschweisst, verändert und weiterentwickelt wird.
Während und nach der Arbeit an diesem Opus magnum entstanden zusätzliche sogenannte «Œuvres satellites» in kleiner Besetzung rund um das Faust-Projekt. Drei davon, «Miroir de Votre Faust» (1965), «Échos de Votre Faust» (1967) und «Les Ruines de Jeruzona» (1978) kommen in Koproduktion mit der Hochschule Luzern – Musik im Südpol zur szenischen Aufführung. Auch in diesen Reflexionen über «Votre Faust» werden verschiedenste Stile, Sprachen und Figuren kühn vermischt, geraten in skurrilen Widerspruch, wechseln chamäleonartig ihre Gestalt. Die Musik von Henri Pousseur gleicht dabei dem Fundus eines Theaters: Voller Kostüme, voller Erinnerungen, verborgener Schätze und falscher Perlen.
PRODUKTIONSTEAM: Uli Fussenegger und Ulrike Grosch (Musikalische Leitung), Christine Cyris (Inszenierung), Judith Philipp (Bühne und Kostüme), Erik Borgir und Michel Roth (Projektleitung)
MIT: Studierenden der Hochschule Luzern – Musik
WEITERE VORSTELLUNGEN:
So. 24.1. І Mi. 27.1. І Fr. 29.1. І Sa. 30.1.2010, jeweils 20 Uhr
Koproduktion mit der Hochschule Luzern – Musik,
Studio für zeitgenössische Musik, Masterstudiengang Contemporary Art Performance
FESTIVAL SZENENWECHSEL:
Sa. 16. bis So. 24.1.2010
www.hslu.ch/m-szenenwechsel