Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
"Solitaire / Le Sacre du Printemps" im Staatstheater Wiesbaden"Solitaire / Le Sacre du Printemps" im Staatstheater Wiesbaden"Solitaire / Le Sacre du...

"Solitaire / Le Sacre du Printemps" im Staatstheater Wiesbaden

Premiere Samstag, 14. Februar 2009, 19.30 Uhr, Großes Haus

 

Stephan Thoss hat sich für den neuen Ballettabend zwei in ihrer rhythmischen Kraft und klangfarblichen Raffinesse einzigartige Werke der klassischen Moderne vorgenommen: Bartóks „Musik für Streichinstrumente, Schlagzeug und Celesta“ von 1936 und Strawinskys revolutionäres Ballett „Le Sacre du Printemps“ von 1913.

 

Strawinsky und Bartók haben sich zwar ursprünglich beide mit der Volks- und Tanzmusik ihrer Heimat beschäftigt, beweisen aber in späteren Kompositionen großes Interesse für mathematische und streng logische Strukturen in der Musik – ähnlich wie Bach. Die Musik folgt inneren Gesetzmäßigkeiten, die systematisch und mathematisch ableitbar sind und erst beim Zuhörer emotionale Assoziationen auslösen. Genau da möchte Thoss choreographisch anknüpfen: Ausgehend von der Sachlichkeit der Komposition, ihrem systematischen Aufbau aus der Verschränkung von Rhythmen und Melodien will er die Musik sichtbar zu machen, wie ein Konzert der Körper.

 

In seiner Choreografie „Solitaire“ geht es, wie in dem gleichnamigen Karten- oder Brettspiel, um das moderne gesellschaftliche Lebensgefühl der Selbstgenügsamkeit, um das Leben als „Solitaire“ gleich einem funkelnden Edelstein, um das Spiel, für das man keinen Partner mehr braucht, um den freiwilligen Rückzug in eine Welt, in der nur noch die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse Geltung hat. Als musikalische Grundlage wählte Thoss die „Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta“ von Béla Bartók, die nicht zuletzt auf Grund ihrer kühnen Konstruktion zu den faszinierendsten Werken des Komponisten zählt.

 

Strawinskys Abkehr von der Melodik und der Fokus auf den Rhythmus hat die Faszination für die Maschine zur Konsequenz. Dabei geht es Stephan Thoss choreografisch um die Entdeckung der unbegrenzten Bewegungsmöglichkeiten des menschlichen Körpers und somit um die Grenzenlosigkeit der entfesselten Natur. Der Moment des Opfers ist ein Moment der Erkenntnis des zu sich selbst erwachten Körpers. Auch der Gegensatz von Tag und Nacht ist eine Grundassoziation in Strawinskys „Sacre du Printemps“: Das Erwachen des Lebens aus der Erstarrung und wieder Versinken in kühle Starre. Das energische Aufbrechen der Natur, die explodierende Farben- und Blütenpracht – also die „Bilder aus dem heidnischen Russland“ – wollte Strawinsky in die Sachlichkeit der Choreographie überführt wissen, es ging ihm nicht um das Nachstellen eines rituellen Vorgangs aus dem alten russischen Volksbrauchtum.

 

Weitere Termine: 18. Februar und 6. März 2009, jeweils um 19.30 Uhr im Großen Haus

 

Choreografie: Stephan Thoss

Bühnenbild: Tina Kitzing

Kostüme: Katharina Meintke

 

Musikalische Leitung: Wolfgang Ott

Ballett und Orchester des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden

 

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 13 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

GAULANDS HUNDEKRAWATTE - "Gefährliche Operette" von Gordon Kampe mit der Jungen Oper (JOiN) im Nord/STUTTGART

"Damit haben Sie kein Glück in der Bundesrepublik!" Diese Operette von Gordon Kampe sprüht vor Spielwitz und sarkastischer Ironie. Im Mittelpunkt steht der VHS-Dozent Dr. Thorsten Khranich, der…

Von: ALEXANDER WALTHER

VERBINDUNG MIT DER NATUR - Performance "alieNation" ("Cie. ZEIT/GEIST") von Eva Baumann im FITZ (Das Theater animierter Formen)/STUTTGART

Eva Baumann beschäftigt sich in ihrer spannenden Choreografie mit der körperlosen Gesellschaft. Skulpturenhafte Körperlandschaften werden suggestiv beschworen und werfen die Frage auf, wie…

Von: ALEXANDER WALTHER

SHOWEFFEKTE BLITZEN BRILLANT AUF - Musical "Cabaret" im Schauspielhaus/STUTTGART

Durch Liza Minnelli ist das Stück weltberühmt geworden. In der Inszenierung von Calixto Bieito leben die 1920er Jahre in Berlin bei diesem Musical von Joe Masteroff, John Kander und Fred Ebb durchaus…

Von: ALEXANDER WALTHER

LIEBE ZUM BLINDEN BLUMENMÄDCHEN - Charlie-Chaplin-Film "City Lights" mit dem Staatsorchester unter Cornelius Meister im Opernhaus STUTTGART

Diese berühmte US-amerikanische Tragikomödie aus dem Jahre 1931 von Charles Chaplin erfuhr im voll besetzten Opernhaus mit dem exzellent musizierenden Staatsorchester Stuttgart unter der Leitung von…

Von: ALEXANDER WALTHER

RAFFINIERTES VISUELLES WECHSELSPIEL - "Grupo Corpo" im Forum am Schlosspark LUDWIGSBURG

Die Faszination des brasilianischen Tanzes zeigt sich vor allem in der Vereinigung des modernen Balletts mit brasilianischen Formen wie Capoeira und Xaxado. Rumba und Samba entfalten bei…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑