Als 1781 das exaltierte Genie Wolfgang Amadeus Mozart nach Wien kommt, wird alles anders. Das Wunderkind steht schnell im Mittelpunkt der Stadt. Zwar ist Mozart ein ausgesprochener Kindskopf, der regelmäßig gegen die Etikette am Hofe verstößt – doch die Wirkung und Genialität seiner Musik werden dadurch nicht geschmälert. Überwältigt von der Originalität Mozarts wird Salieri sich seiner eigenen Mittelmäßigkeit bewusst. Warum wird Genialität von Gott offensichtlich so wahllos und rücksichtslos verteilt? Als einflussreicher Komponist könnte Salieri Mozarts Karriere fördern – doch von blindem Hass und Neid erfüllt, versagt er Mozart die Unterstützung und intrigiert unauffällig beim Kaiser gegen ihn.
Lange nach Mozarts Tod durchfliegen eigenartige Gerüchte das winterliche Wien. In den Kaffeehäusern, in der Oper, am Hof und in der Gosse gibt es nur ein Thema: Salieri behauptet, Mozart vergiftet zu haben. Leidet der Komponist im Alter etwa unter Wahnvorstellungen oder steckt doch mehr dahinter?
Das Duell zwischen den beiden Komponisten ist Psycho-Drama und Kriminalgeschichte in einem. Peter Shaffer, der vor seinem Durchbruch als Dramatiker in Cambridge Geschichte studiert hat, geht es in AMADEUS nicht darum, die damalige Zeit historisch korrekt darzustellen und einen Tatsachenbericht zu schreiben. Das Stück geht viel tiefer. Im Mittelpunkt steht die Verzweiflung eines ehrgeizigen Menschen, der einen Konkurrenten als überlegenes Genie erkennt. Sicherlich beruhen einige Szenen auf einem Funken historischer Wahrheit – dass Mozart vergiftet wurde, ist allerdings eine Legende. Shaffer nutzt die Gifttheorie, um mit viel Leidenschaft und Witz zu untersuchen, wo der Unterschied zwischen bloßem Talent und unerreichbarem Genie liegt. Letzten Endes kämpft Salieri in seinem Leid nicht nur gegen Mozart sondern vor allem gegen einen eigennützigen Gott mit unbegreiflichen Motiven. Für Salieri hat das Gerücht des Giftmords noch einen ganz besonderen Nutzen: immer wenn jemand Mozarts Namen nennt, wird im gleichen Atemzug auch Salieri erwähnt werden - auch eine Möglichkeit, unsterblich zu werden.
Die Inszenierung der Regisseurin Astrid Jacob spielt in einem abstrakten und zugleich sehr raffinierten Bühnenraum von Lukas Noll. Der gealterte Salieri weckt darin die Szenen aus der Vergangenheit wieder zum Leben, die anderen Protagonisten tauchen als Bruchstücke seiner Erinnerung auf. Astrid Jacob schafft ein spannendes Psychogramm, das durch viel Wortwitz und ausgefeilte Dialoge besticht.
Inszenierung: Astrid Jacob
Bühne: Lukas Noll
Kostüme: Tina Hempel
Musikalische Einrichtung: Herbert Gietzen
Mit: Irina Ries, Antje Tiné; Dominik Breuer, Frerk Brockmeyer, Corbinian Deller, Reiner Domke, Christian Fries, Reiner Hustedt, Roman Kurtz, Milan Pešl, Markus Rührer, Christian Steinbock
weitere Vorstellungen 06., 13. November, 02., 16., 19., 30. Dezember 2010 | 19.30 Uhr