Was an dem Stoff so faszinierend ist: „Man ist zu Gast im Leben eines Anderen“, sagt Schauspieler Robin Sondermann, und der Regisseur Frank Abt ergänzt: „…und zwar bedingungslos. Knausgård geht es nicht darum, sich gut darzustellen. Er ist in vielem radikal ehrlich.“ Zur Übersetzung ins Theatrale sagt der Regisseur: „In Norwegen wurden alle sechs Bände zu zweieinhalb Stunden komprimiert, das wollten wir nicht. Uns interessiert vielmehr, diese Fülle an Leben, diese Größe, auch das Größenwahnsinnige dieses Ansatzes mit auf die Bühne zu holen. Vielleicht ist das zutiefst subjektive Erzählen von Knausgård eine Art Ausweg, der politisch völlig unüberschaubaren Weltlage zu trotzen.“
Ein besonderer Abend, basierend auf einem besonderen Roman-Projekt: Unter dem Titel „Sterben“ ist am Freitag, 14. Oktober im Kleinen Haus die Premiere eines szenischen Abends zu erleben, der – als erster von sechs Bänden – auf dem Romanprojekt „Min Kamp“ des norwegischen Schriftstellers Karl Ove Knausgård basiert. Regisseur Frank Abt hat gemeinsam mit Schauspieler Robin Sondermann, Musiker Torsten Kindermann und Dramaturgin Viktorie Knotková eine Fassung erarbeitet. Die Grundform einer szenischen Lesung wird um spielerische Elemente, live Musik und Illustrationen dreier junger Künstler aus Holland bereichert. Unter dem Titel „Lieben“ wird es später in der Spielzeit, am 16. März zur Premiere des zweiten Knausgård-Bandes kommen.
Im ersten Band, „Sterben“ geht es um den Schatten des ungeliebten Vaters, der sich auf die Kinder wirft. Als dieser stirbt und Knausgård sich mit seinem Bruder daran macht, den Nachlass zu ordnen, bietet sich beiden ein Bild des Grauens. Während sie das Haus reinigen und die Beerdigung vorbereiten, kommen Erinnerungen hoch. So sehr hat ihr Vater einen Schatten auf das Leben der Brüder geworfen, dass sie den Bestatter bitten müssen, die Leiche sehen zu dürfen. Erst dann, so sind sich beide einig, werden sie glauben können, dass er wirklich tot ist. „Aber es ist nicht eine ausschließlich tragische Geschichte“, sagt Dramaturgin Viktorie Knotková, „Knausgårds radikale Ehrlichkeit ist befreiend und inspirierend. Er schafft es, das quälende Schamgefühl und viele seiner Ängste zu überwinden. Das kann man nur bewundern!“
Frank Abt inszenierte nach seinem Studium in Berlin und Paris unter anderem am Münchner Volkstheater, dem Schauspielhaus Graz und dem Schauspielhaus Bochum. Für das Deutsche Theater in Berlin entwickelte er die Reihe „Geschichten von hier“, ein dreiteiliges Rechercheprojekt auf der Basis von Interviews. Darüber hinaus brachte er Georg Seidels „Jochen Schanotta“ am Deutschen Theater in Berlin vielbeachtet zur Wiederaufführung und inszenierte dort „Stallerhof“ von Franz Xaver Kroetz. In Osnabrück führte Frank Abt Regie bei „Wenn die Sonne immer noch so schön scheint ...“, „Minna von Barnhelm“ von Gotthold Ephraim Lessing und „Felix Krull“ nach Thomas Mann. Seit der Spielzeit 2012/13 inszeniert er regelmäßig am Theater Bremen. Unter seiner Regie entstanden die Produktionen „Robin Hood“ nach John van Düffel, „Die Brüder Löwenherz“ nach Astrid Lindgren, die Uraufführung „Herkunft“ nach dem Roman von Oskar Roehler, die deutschsprachige Erstaufführung von Oscar von Woensels „Oedipus“, der Liederabend „Jetzt musst du springen“ mit Songs von Element of Crime und Dostojewskis „Der Idiot“.
Regie: Frank Abt
Bühne und Kostüme: Susanne Schuboth
Illustrationen: Megan De Vos, Jan Hamstra, Kalle Wolters
Musik: Torsten Kindermann
Licht: Joachim Grindel
Dramaturgie: Viktorie Knotková
Mit: Robin Sondermann, Torsten Kindermann sowie Nils Bischoff und Nicolas Hüchting