Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Thalia Theater Hamburg trauert um Peter Maertens Thalia Theater Hamburg trauert um Peter Maertens Thalia Theater Hamburg...

Thalia Theater Hamburg trauert um Peter Maertens

Juli 2020

Über 60 Jahre lang war Peter Maertens eng mit dem Thalia Theater verbunden. Am 11. Juli ist der Schauspieler nach längerer Krankheit im Alter von 88 Jahren in seiner Heimatstadt verstorben. Das Thalia Theater trauert um einen großen Theatermann und Charakterdarsteller, der vom Publikum bis zum Schluss zutiefst verehrt wurde.

 

Copyright: Armin Smailovic

Peter Maertens stammt aus einer bedeutenden Theaterfamilie. Sein Vater Willy Maertens und seine Mutter Charlotte Kramm waren Schauspieler; sein Vater erhielt bereits 1927 ein Engagement am Thalia Theater, zu dessen Intendant er 1945 berufen wurde und das er bis 1964 leitete. Auch seine Kinder Kai, Michael und Miriam wurden Schauspieler – sie alle und auch seine Mutter Charlotte standen auf der Bühne des Thalia Theater. Nach seiner Ausbildung an der Hamburger Schauspielschule  begann Peter Maertens  1954 seine eigene Karriere zunächst in Oldenburg, Hannover, Freiburg und Göttingen, bevor ihn sein Vater ans Thalia holte. Hier spielte er in den vergangenen Jahrzehnten unzählige Rollen.

Unvergessen sind seine Auftritte in der Intendanz von Jürgen Flimm zwischen 1985 und 2000, darunter „Maria Magdalena“ in der Regie von Amélie Niermeyer (1995), „Die Stunde da wir nichts von einander wussten“ von Peter Handke in der Regie von Jürgen Gosch (1996) und „Harrys Kopf“ von Tankred Dorst in der Regie von Jürgen Flimm (1997). Zusammen mit seinem Sohn Kai Maertens, der 1985 Ensemblemitglied wurde, war er u.a.. in „Ein Sommernachtstraum“  (1987) in der Regie von Jürgen Gosch zu sehen. Gemeinsam mit Michael Maertens stand er 1988 in „Yeti - der wilde Mann“ in der Regie von Lin Zhaohua auf der Thalia Bühne und im gleichen  Jahr mit seiner Tochter Miriam Maertens in Molières „Tartuffe“ (1988). Zu seinem 50. Bühnenjubiläum 2004 trat er gemeinsam mit all seinen Kindern, Miriam, Michael und Kai auf.

 In den letzten Jahren hat er sich insbesondere in vielen Rollen mit dem Regisseur Luk Perceval verbunden, in „Draußen vor der Tür“ (2011), „Macbeth“ (2011), „Die Brüder Karamasow“ (2013), und „Othello“ (2009). Besonders unvergesslich war sein Totengräber in „Hamlet“ (2010).

Anders als viele seine Kollegen hat Peter Maertens  immer die Begegnung mit der jungen Regie-Generation gesucht. Eine enge Arbeitsbeziehung verband ihn mit Nicolas Stemann, in dessen „Ulrike Maria Stuart“ von Elfriede Jelinek er 2006 als Alter Ego von Andreas Baader glänzte, eine für ihn persönlich wichtige Rolle. Dreimal arbeitete er mit Christopher Rüping, dessen  „Panikherz“ von Benjamin Stuckrad-Barre (2018), eine Lebensbeichte über Drogen, Höhenflüge und Abstürze, zu seinen letzten Arbeiten auf der großen Bühne gehörte.

Über 60 ausverkaufte Vorstellungen im Thalia Gaußstraße spielte Peter Maertens in einem von ihm selbst initiierten Zweipersonen-Stück: „Besuch bei Mr. Green“ von Jeff Baron ist eine Komödie über den Zusammenprall unterschiedlicher Lebensmodelle, Religionen, Generationen – und über das Altern. Die Rolle des störrischen alten Mr. Green, der einen Crash-Kurs in Mitmenschlichkeit bekommt, hatte sich Peter Maertens gewünscht – es war seine letzte.

Joachim Lux: „Mit Peter Maertens  hat ein Schauspieler die Bühne des Lebens und des Theaters verlassen, der mit seiner großen Theaterfamilie wie kein zweiter mit der Geschichte des Thalia verbunden ist. Obwohl er in den letzten Monaten merklich von seiner Krankheit gezeichnet war, blieb er durch und durch der Theatermann, der er immer war. Offen und neugierig wie eh und je wollte er spielen, spielen, spielen – bis zum Schluß. Noch wenige Wochen vor seinem Tod freute er sich darauf, im September, nach der Sommerpause wieder als „Mr. Green“ auf der Bühne zu stehen – coronagerecht. Wir werden Peter  sehr vermissen und uns immer ehrend an ihn erinnern. Er ist eine Hamburger Schauspiellegende.“

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 18 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

JAGENDE HORN-PASSAGEN -- Neue CD von Helmut Lachenmann "My Melodies" bei Naxos (BR Klassik - musica viva)

Ein kompositorischer Umgang mit dem Phänomen Melodie steht im Mittelpunkt der Komposition "My Melodies" für acht Hörner und Orchester des 1935 in Stuttgart geborenen Helmut Lachenmann. Unter der…

Von: ALEXANDER WALTHER

VOLLENDETER FORMALER AUFBAU -- Bachs Matthäus-Passion mit den Stuttgarter Hymnus-Chorknaben in der Stiftskirche STUTTGART

Für Karfreitag 1729 schrieb Johann Sebastian Bach seine "Matthäus-Passion" BWV 244 und arbeitete sie dann noch dreimal um. Der vollendet ausgewogene Aufbau dieses Meisterwerks kam in der Aufführung…

Von: ALEXANDER WALTHER

SCHONUNGSLOSE SELBSTERKENNTNIS --- John Gabriel Borkman im Schauspielhaus Stuttgart

Henrik Ibsen ist der Dramatiker der schuldhaft versäumten Selbstemanzipation. Er setzt sich schonungslos mit den Lebenslügen der Menschen auseinander. Seiner Devise "Dichten ist Gerichtstag halten…

Von: ALEXANDER WALTHER

DRAMATISCH GEBALLTER ABLAUF --- Verdi Operngala im Forum am Schlosspark Ludwigsburg

Vorwiegend Spätwerke Giuseppe Verdis standen bei dieser sehr gelungenen Operngala auf dem Programm. Die vorzüglich musizierende Württembergische Philharmonie Reutlingen unter der inspirierenden…

Von: ALEXANDER WALTHER

FEINSTE SCHATTIERUNGEN DES GEFÜHLS -- Stuttgarter Philharmoniker unter Gabriel Feltz mit Berg und Brahms in der Liederhalle Stuttgart

Wieder konnte man als "Minutenstück" eine interessante Komposition eines Studenten der Kompositionsklasse von Prof. Marco Stroppa an der Stuttgarter Musikhochschule hören. Der 1987 in Mailand geborene…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑