Fassbinders Analyse einer Gesellschaft, die emotional wie finanziell tief in der Krise steckt, sein Blick auf eine Welt, in der alles auf den persönlichen Gewinn ausgerichtet ist und zwischenmenschliche Beziehungen längst zu einer ökonomischen Angelegenheit geworden sind, macht das böse Märchen vom armen Franz so aktuell und neu erzählenswert. Die Liebesgeschichte zwischen dem Lottokönig, der nicht weiß, wie man mit Geld umgeht und dem Jungunternehmer, der die elterliche Firma vor der Insolvenz bewahren muss, führt geradewegs in den persönlichen Bankrott.
Am Ende ist Franz pleite, seine Liebe zerbrochen, sein Glück verbraucht. Eigenwillig und fantasievoll übersetzt Cremer die Geschichte auf die Bühne und lässt eine Welt entstehen, in der schillernde Halbweltwesen und gestrandete Randexistenzen einer Wohlstandsgesellschaft gegenüber stehen, deren Lebenssinn im Erhalt und in der Vermehrung materieller Werte liegt. Eine Welt, die dem, der einmal den für ihn vorgesehenen Platz verlassen hat, keine Zuflucht mehr bietet.
In der Heidelberger Uraufführung von FAUSTRECHT DER FREIHEIT im neuen THEATERKINO spielt Daniel Stock den arbeitslosen Schausteller, dessen Leben durch einen Lottogewinn eine schicksalhafte Wendung nimmt – die Rolle, die Regisseur und Autor Fassbinder in seinem Mitte der 70er Jahre entstandenen Film selbst übernahm. An Stocks Seite werden neben Paul Grill als Unternehmersohn Eugen zum ersten Mal auch Franziska Beyer als Franz‘ Schwester Hedwig und Bastian Semm als Eugens Ex-Freund Philip in einer Inszenierung des Heidelberger Theaters zu sehen sein. Beide sind mit Beginn dieser Spielzeit fest im Ensemble, sie spielten zuletzt am Staatsschauspiel Dresden und am Theater Basel.
weitere Vorstellungen:
17., 18. & 29.10.