Im Stück wird dieses Moment symbolisch anhand des Sturzes seiner beiden Hauptfiguren von Lips und Gluthammer vom Balkon, festgemacht.
Auf der Grundstruktur des Textes legt Andreas Hutter die Inszenierung als Nestroy-Alptraum oder Nestroy-Geisterbahn an: Himmel und Hölle des modernen Menschen, entblößt und reduziert auf seine Rolle in gegebenen Gesellschaftsgefügen. Dieser Aktionsraum, den Nestroys Text sehr genau
fasst und beschreibt, wird durch Einlagerungen fremder Texte dramaturgisch ergänzt. Dazu gehören etwa „Die 120 Tage von Sodom“ des Marquis de Sade, dessen sprachliche Bilder feudale Machtstrukturen und ihr Fortwirken in der Geschichte verkörpern, und Zitate von Heiner Müller, welche der beginnenden Moderne die Utopie einer sozialistischen Gesellschaft und deren Scheitern
gegenüberstellen. Anhand dieser Gegenüberstellungen wird die Entwicklung des 'modernen Menschen' und sein zeitgleich beginnendes Verschwinden aufgezeigt. Die Idee des freien selbstbestimmten Individuums erlischt zusehends in ihrer Ablösung durch die funktionale Einheit des global standardisierten Konsumenten. Ausgehend davon, dass sich das Bild des Menschen in der globalisierten Gesellschaft grundlegend gewandelt hat und der Aktionsraum immer enger wird, bilden „Das Verschwinden des Menschen“ und die Frage nach neuen Räumen Grundthemen der Arbeit.
Sprachraum, Textfläche und Textraum sind in den szenographischen Inszenierungen von Andreas Hutter nicht nur inhaltlich und dramaturgisch von Bedeutung, in der konkreten szenischen Arbeit wird die musikalisch-klangliche Qualität der Sprache eine ganz entscheidende Rolle spielen. Diese Qualität wird bewusst als raumtragendes Element gesetzt, das sich mit der Architektur, dem inszenierten Bild und der Arbeit der Darstellerinnen und Darsteller zu einem Ganzen verbindet.
Andreas Hutter ist Regisseur, Dramaturg, Szenograph und Kostümbildner. In München geboren, wuchs er in Madrid auf und studierte Theater- und Musikwissenschaft an der Universität Wien. Von 1995 bis 2007 war er leitender Dramaturg des Landestheaters Bregenz, wo er unter dem Titel „Das fließende Bild“ auch eine Serie von Arbeiten im Kunsthaus Bregenz im Bereich zwischen bildender Kunst, Schauspiel und Performance inszenierte: "KUNST" von Yasmina Reza, BILDBESCHREIBUNG von Heiner Müller, CRAVE/GIER von Sarah Kane und BETON nach Heiner Müllers VERKOMMENES UFER MEDEAMATERIAL LANDSCHAFT MIT ARONAUTEN.
Inszenierungen am Theater waren u. a. GESCHLOSSENE GESELLSCHAFT von Jean Paul Sartre, ALPENGLÜHEN von Peter Turrini, DAS SPIEL VON LIEBE UND ZUFALL von Marivaux, DER STURM von Shakespeare, WARTEN AUF GODOT von Samuel Beckett, LEONCE UND LENA von Georg Büchner, zuletzt BAMBILAND von Elfriede Jelinek und die Oper DER FREISCHÜTZ von Carl Maria
von Weber im Festspielhaus Bregenz (2008).
Neben seiner künstlerischen Arbeit übte er auch eine Lehrtätigkeit in den Bereichen Szenographie, Dramaturgie, Inszenieren und Gestalten an der Fachhochschule Vorarlberg aus und leitete einen Heiner-Müller-Workshop an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Seit 2008 freischaffend wieder in Wien, gründet er 2009 die Plattform SPACES für seine Arbeit im Bereich zwischen darstellender und bildender Kunst. Als erstes SPACES-Projekt realisierte er 2010 die performative Rauminstallation UND KEINE HAND. ZEIT, MÖRDERIN, ALTERSLOSE nach Texten von Heiner Müller in Koproduktion mit Troubleyn//Jan Fabre – Laboratorium und dem Theater Monty Antwerpen als UA; in Wien war diese Produktion im MAK und im Palais Kabelwerk zu sehen.
Inszenierung/ Szenographie/ Licht/Kostüm: Andreas Hutter
Mit: Evelyn Fuchs
Susanne Litschauer
Randolf Destaller
Ernst Christian Mathon
Gottfried Neuner
Lichtgestaltung: Daniel Reinthaller
Thomas Moch
Fotos: Nick Mangafas
Eine Produktion von SPACES Andreas Hutter
In Kooperation mit Theater Nestroyhof Hamakom
Spieltermine: 2. – 5. und 8. – 12. März 2011, jeweils 20.00 Uhr
Spielort: Theater Nestroyhof Hamakom
Nestroyplatz 1, 1020 Wien