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URAUFFÜHRUNG: AUFSTAND, Kammeroper von Enver Yalçın Özdiker, Wuppertaler Bühnen

Premiere 04. März 2012, 18.00 Uhr im Kleinen Schauspielhaus. -----

Ursprünglich war ein Doppelabend zweier Kammeropern geplant, die als Uraufführungen im Rahmen der „türkischen“ Spielzeit an der Wuppertaler Oper das Licht der Bühne erblicken sollten.

Doch dann lieferte Librettist Feridun Zaimoglu (zusammen mit seinem Ko-Autor Günter Senkel) einen Vorentwurf ab, der klarstellte: das wird ein großes Stück Kammeroper für einen ganzen Abend. Zaimoglu, seit Jahren einer der profiliertesten, eigenwilligsten und sprachmächtigsten Autoren Deutschlands, nahm sich – das war die Absprache mit den Wuppertaler Bühnen – kein Migrationsthema, keine „Deutschländer“-Geschichte vor, sondern einen wichtigen, doch eher unglücklichen Moment der Historie des Wuppertals.

 

Im Vorfeld hat Zaimoglu hier in ähnlicher Weise Feldforschung betrieben wie zu seinem Roman Ruß, der in Duisburg spielt: eine kurze, aber konzentrierte Zeit verbrachte er am Ort und wartete suchend nach einem Stoff. Er fand ihn in den turbulenten Tagen der deutschen Revolution in den damals preußischen Rheinlanden im Mai 1849. Gottfried Jansen, Tuchfabrikant, hat zwei Töchter: Susanne und Graziella. Diese eine selbstbewusste, von den Idealen eines gerechten Verfassungsstaates Überzeugte, jene eine brave Tochter ihres Vaters. Doch genauso, wie die Politik sich Raum verschafft in den Köpfen der Bewohner (und jeder sich entscheiden muss zwischen sozialer Revolution durch das Proletariat, demokratischer Verfassung für die Bürger oder alter Monarchie), so fasst die Liebe die Herzen, doch mit tragischer Vorahnung.

 

Die brave Susanne liebt einen revolutionären Arbeiter, der dem Aufstand entgegenfiebert, die „rote“ Graziella einen preußischen Major, der bald Befehl bekommt, auf die Rebellen zu schießen. Liebe und Politik zerren die hilflosen, dem geschichtlichen Sog ausgesetzten jungen Menschen in den Abgrund. Die Revolution, für deren Erfolg unter den Städten der Region allein Elberfeld kämpfte (z.B. Barmen äußerte sich königstreu) scheiterte nach wenigen Tagen, wie es der hellsichtige Friedrich Engels aufgrund gründlicher Kenntnis der Revolutionsverläufe der Vergangenheit und Gegenwart analysiert hatte. Engels hat natürlich einen Gastauftritt in der Oper. Schließlich war er „Barrikadeninspektor“ für Elberfeld, wurde jedoch vom Elberfelder Sicherheitsausschuss, der kurzfristig den Gemeinderat ersetzte, nahegelegt, die Stadt zu verlassen. Über die (bürgerliche) Richtung der Bewegung sollten bei den Preußen keine Missverständnisse entstehen.

 

Der türkische Komponist Enver Yalçın Özdiker (geb. 1981), studierte in Ankara Gesang und Klavier, kam 2004 nach Deutschland und studierte in Essen Komposition, Dirigieren und Klavier. Aufstand ist seine erste Oper.

 

Weitere Vorstellungen sind am 10. und 24. März 2012 im Kleinen Schauspielhaus.

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