Genau dieser Frage geht Gisela Widmer in ihrem topaktuellen Stück
«Biedermanns.umgezogen» nach. Dieses Auftragswerk des Luzerner Theaters dürfte nicht nur in der Schweiz für Gesprächsstoff sorgen.
Die Satire lehnt sich an «Biedermann und die Brandstifter » von Max Frisch an. Doch die Brandstifter einfach durch Islamisten zu ersetzen, wäre der Autorin Gisela Widmer zu billig gewesen. Vielmehr untersucht sie in ihrer bitterbösen und gleichzeitig komischen Satire die Frage, warum die Islamdebatte in
linksliberalen Kreisen von so vielen Tabus besetzt ist.
Dass die Sprache - wie bei Frisch - nicht der Darstellung, sondern der Verstellung dient; dieses Phänomen beobachtete Gisela Widmer im Vorfeld zur Abstimmung über die Minarettinitiative. Laut den Meinungsumfragen wollten nur 43 Prozent der Befragten der Initiative zustimmen, schlussendlich waren es aber 57 Prozent. „Für dieses überraschende Resultat sorgten auch viele linke Frauen, die es nicht einmal anonym gegenüber den Meinungsforschern gewagt hatten, ihre Meinung zu äussern“, ist Gisela
Widmer überzeugt.
Im Hause Biedermann hat dieses Nicht-benennen-Dürfen verheerende Folgen. Die Welt von Babette und Gottlieb wird als linksliberaler gesellschaftlicher Mikrokosmos dargestellt. Am Ende brennts auch bei
«Biedermanns.umgezogen» – doch es brennt etwas ganz Anderes, als bei Frisch …
MIT
Bettina Riebesel, Walter Sigi Arnold, Jörg Dathe, Samuel Zumbühl
PRODUKTIONSTEAM
Hannes Rudolph (Inszenierung),
Tobias Schunck (Bühne),
Anna Schnyder (Kostüme),
Ulf Frötzschner (Dramaturgie)