In erster Linie mussten die Stücke dem König gefallen, nur dann konnten sie aufgeführt werden, konnte seine Company überleben. Und doch irritiert es, wenn man weiß, dass Shakespeare eine historische Figur einfach komplett unter den Tisch fallen ließ. Denn Macbeths Nachfolger auf dem Schottischen
Thron war nicht Malcolm III., sondern: Lulach, König von 1057-1058, Sohn der Lady Macbeth, vormalige Queen Gruoch, aus ihrer ersten Ehe mit Gille, Than of Maray. Er spielt in Shakespeares Tragödie keine Rolle, wird nicht einmal erwähnt. Nur einmal, am Ende des 1. Akts, spricht Lady
Macbeth indirekt von ihm, wenn sie sagt: … Ich hab gestillt, ich weiß, / Wie weich es stimmt, das Kind zu lieben, das man säugt. Aber was aus diesem Kind wird, ob es noch lebt oder nicht, darüber schweigt sie und damit auch Shakespeare.
Die Geschichte Schottlands zeigt nun: Das Kind hat überlebt. Lulach hat Macbeth überlebt. Aber warum ihn der historische Macbeth, der überlieferter Weise nicht zimperlich war im Abschlachten von Menschen, überleben ließ, wissen wir nicht. Wo hat er gelebt? Ist er mit dem Ehepaar Macbeth in einem Haus aufgewachsen?
Peter Wolf geht all diesen Fragen in seinem Libretto nach und entspinnt so eine Handlung, die parallel zu Shakespeares berühmter Tragödie verläuft und diese manches Mal auch berührt, dabei aber immer ein zentrales Thema verfolgt: Lulachs unerzähltes Leben auf die Opernbühne zu bringen. Gemeinsam mit dem Komponisten Norbert Zehm umkreist er virtuos dieses Thema und arbeitet heraus, was Shakespeare zwar anklingen ließ, aber nicht weiter verfolgte. Sie zeigen den Kampf des Kindes um Identität in einem Reich aus Kriegen, Mystik und kultischen Orten, kulminierend in einer Verschmelzung aus Musik, Drama, Gälischer Legende und historischer
Handlung, die einen vollkommen neuen Blickwinkel auf das Haus Macbeth eröffnet.
Peter Wolf, vielfach ausgezeichneter Autor von über 38 Theaterstücken, Hörspielen und Libretti, schreibt u.a. für die Royal Shakespeare Company und BBC Radio. Seit 1990 arbeitet er regelmäßig mit Norbert Zehm zusammen.
Norbert Zehm, geboren in Innsbruck, wo er nach langjährigen Aufenthalten in England jetzt wieder wohnt, ist Pianist, Komponist, Performer und Kunstmaler. Seine Musik wurde in Konzerten und Festivals in ganz Europa aufgeführt. Seit den frühen 80er Jahren arbeitet er zusammen mit Roland Schrettl an audiovisuellen Performances. Die beiden gelten als die Pioniere der Synthese von traditionellen Instrumenten mit elektronischer Musik.
Der Schweizer Regisseur und Schauspieler war nach seiner Schauspielausbildung an den Theatern in Frankfurt am Main, Würzburg und Bern fest engagiert. Seit 1999 arbeitet er freiberuflich für Bühne und Fernsehen. 2001 begann seine Tätigkeit im Musiktheater als Regieassistent am Opernhaus Zürich, wo er 2007 die Szenen aus Goethes Faust inszenierte. Es folgte eine Inszenierung von Falstaff mit dem Cleveland Orchester unter Franz Welser-Möst. Seit Januar 2010 ist Andreas Zimmermann Spielleiter am Grand Théâtre de Genève.
Libretto von Peter Wolf
In englischer Sprache
Musikalische Leitung: Hansjörg Sofka
Kapellmeister und Korrepetitor am TLT
Regie: Andreas Zimmermann
Bühne & Kostüme: Veronika Stemberger
Ausstattungsassistentin am TLT
Videoinstallation: Roland Schrettl
Mit:
Macbeth ………………………Andreas Mattersberger
Lady Macbeth ……………… Judith Keller
Wyrd …………………………..Kathrin Walder
Duncan …………………….. Thomas Zisterer
Lulach Cadence ……………. Arno Raunig
Cadence als Kind ……………Solist der Wiltener Sängerknaben
Lady Macduff ……………… Petra Gruber / Ana Paula Queiroz
Drummer Boy ……………..... Lukas Peer
Damenchor des TLT, Tiroler Symphonieorchester Innsbruck
Choreinstudierung: Jan Altmann
Weitere Vorstellungen
(Einführung vor jeder Vorstellung – außer Premiere – um 19.30 Uhr im Foyer der Kammerspiele):
November: 12., 27.
Dezember: 2., 10.