Garbo, eine der grossen Diven der Filmgeschichte, war bereits zu
Lebzeiten eine Legende, und bis heute umweht die «schwedische Sphinx» eine
geheimnisvolle Aura. Tatsache ist: Nach Abbruch ihrer Karriere 1942 bis zu ihrem Tod führte die «Göttliche» in Klosters ein zurückgezogenes, ja geradezu
«klösterliches» Leben. Anfänglich in einfachen Hotels, später in einer Ferienwohnung einquartiert, verbrachte sie die Tage mit ausgedehnten Spaziergängen und YogaÜbungen.
Von Zeit zu Zeit unternahm sie Ausflüge ins Engadin oder nach Chur.
Comeback-Angebote, von wem auch immer sie kamen, lehnte sie rigoros ab.
Journalisten empfing sie nicht. Regelmässig lauerten ihr Paparazzi auf, fotografierten sie beim Einkaufen in der Metzgerei Spiess, auf ihren Wanderungen durch das Prättigau und beim Alpenblumenpflücken auf den Bergwiesen. Die dabei entstandenen Schnappschüsse fanden, begleitet von allerlei spekulativen Geschichten, den Weg in die Regenbogenpresse. Bis Greta Garbo schliesslich mit 85 Jahren am 15. April 1990 starb. Mehr war da nicht. Oder doch?
Den Schweizer Regisseur, Autor und Ausstellungsmacher Hans Peter Litscher
haben eben diese Leerstellen rund um den geheimnisvollen Gast in Klosters gereizt. Er machte sich auf, die Spuren, welche die Garbo in Graubünden hinterlassen hat, zu finden, und ihr Leben Mosaikstein für Mosaikstein auferstehen zu lassen. In seinen Arbeiten, die er regelmässig an internationalen Theaterfestivals (Spielzeit Europa Berlin, Wiener Festwochen) und in Museen (Kunsthalle Schirn Frankfurt, Kunsthaus Zürich) zeigt, hat sich Litscher immer wieder als begnadeter Weltensucher, Weltensammler und Weltenschöpfer erwiesen. Seine jüngste Produktion, die er an drei Garbo-trächtigen Orten in Graubünden präsentiert, beweist: Die Garbo beflügelt noch immer die Fantasie. Litschers Recherchen vor Ort, bei denen ihn neben der Muse der Erinnerung und dem Kommissar Zufall auch der ortskundige Bündner Dramaturg und Produzent Mathias Balzer tatkräftig unterstützten, brachten Erstaunliches zutage.
Höhepunkt ist zweifellos die Entdeckung der Hinterlassenschaft des einheimischen Schuhverkäufers und Fussfetischisten Chasper Caflisch (1947 - ca. 1990). Fasziniert von Garbos Körpersprache, die er «entschlüsseln» wollte, hat dieser die Diva bei ihren Bündner Aufenthalten auf Schritt und Tritt beobachtet und ihr Leben bis in kleinste Details ausgekundschaftet und dokumentiert. Kurz vor seinem Tod - er schied aus bisher ungeklärten Gründen an ihrem Todestag aus dem Leben - errichtete Caflisch in einem Wohnwagen ein eigentliches Garbo-Mausoleum. Dieses Prättigauer «Taj
Mahal» auf Rädern bildet das Kernstück von Hans Peter Litschers Garbo-Produktion.
Aufrufe in der Lokalpresse förderten weitere unglaubliche Anekdoten und kuriose Fundstücke ans Licht: So hat etwa die Frauengruppe Saas vor Jahren aus Stoffresten einen Wandteppich hergestellt und dabei für die Sonne ein Kleid von Greta Garbo verwendet, das diese einst der örtlichen Theatergruppe für den Kostümfundus schenkte… Anhand dieses riesigen Sammelsuriums von historischen Fakten und Fotografien, Geschichten und Gerüchten, Dokumenten und Devotionalien lässt Hans Peter Litscher in seiner Performance CON GARBO NEI GRIGIONI ein betörend schillerndes Garbo-Panoptikum entstehen. Seine Fabulierkunst, die unmerklich zwischen Fakt und Fiktion oszilliert, lässt die Grenzen der Wahrheit im Dunst der Glaubwürdigkeit verschwinden: Nie war Realität so fantastisch, nie Fantasie so real.
Mit unwiderstehlicher Überzeugungskraft bleibt Litscher auch in seiner jüngsten
Arbeit seinem künstlerischen Credo treu: So ist es. So war es. So könnte es
gewesen sein. Hans Peter Litschers WohnwagenıInstallation ist vom 14. Bis 29. Januar auf dem Theaterplatz Chur zu sehen. Jeweils um 19.00 und 21.00 Uhr (an der Premiere um 20.00 Uhr) nimmt der Künstler jeweils 25 Interessierte mit auf die Reise CON GARBO NEI GRIGIONI.
Im März 2011 werden Installation und Performance mit ortsspezifischen
Anpassungen in Klosters gastieren, bevor sie dann im August in der Chesa Planta in Samedan gezeigt werden.
Idee, Installation & Performance: Hans Peter Litscher
Dramaturgie: Mathias Balzer
Tonmalerei: Andres Bosshard
Assistenz: Chris Hunter
Fussmalerei: Coni Bardill
Mitarbeit: Duri Bischoff
Produktion: Mathias Balzer©Produktion
Koproduktion: Theater Chur, Kulturgesellschaft Klosters, Hotel Pardenn Klosters, Chesa Planta Samedan
Chur Installation: Theater Chur, Theaterplatz, 14. bis 29. Jan. 2011, durchgehend geöffnet, Eintritt frei
Performance: 14. Jan., 20.00 Uhr (Uraufführung)
15./21./29. Jan., jeweils 19.00 und 21.00 Uhr
Dauer: ca. 60 Minuten
Vorverkauf: Kasse: +41 (0)81 252 66 44, kasse@theaterchur.ch,
www.theaterchur.ch