Wie findet sich das geeignete Herz? Was haben Herztransplantationen und Speedflirting gemeinsam? Wie lassen sich Abstossungsreaktionen vermeiden? Dutzende von Menschen sterben, wenn sie noch auf der Warteliste für eine Herztransplantation stehen. Doch plötzlich ist Schnee und Eis: Spenderwetter! Mit Glück wird das kranke Herz durch ein gesundes ersetzt. Wie bei Philip Blaiberg, der 1967 als erster Mensch sein eigenes Herz von aussen sah. Unter Namen wie «sweetheart19» haben schon über 50 Prozent aller Schweizer Singles in Internetbörsen nach einem Partner gesucht. Die Darsteller des dokumentarischen Theaters von Rimini Protokoll schlüpfen nicht in fremde Rollen, sondern sie rekonstruieren und dramatisieren ihre eigenen Lebensgeschichten. «Blaiberg und sweetheart19» nimmt die Fährte von einsamen und ausgetauschten Herzen auf, und begleitet sie – zwischen Klinik und Dating Pool – in ihr zweites Leben. Auf www.secondlife.com entsteht denn auch parallel zum Stück und seiner realen Ausstattung im Schiffbau ein virtueller Raum, in dem die Experten sich vor den Augen der Zuschauer bewegen.
Die Experten sind: Renate Behr (Cardiotechnikerin, die im Triemli-Spital die Herz-Lungen-Maschine bedient); Hansueli Bertschinger (Professor der Veterinärmedizin, pensioniert, Mikrobiologe, spezialisiert auf Schweinekrankheiten); Jeanne Epple (Exilrussin, ehemalige Staatsanwältin, die online heiratswillige russische Frauen an Schweizer Männer vermittelt); Nick Ganz (Veranstalter von Singel-Events und Speedflirting-Abenden); Heidi Mettler (Herztransplantierte, die seit 5 Jahren ein zweites Leben mit einem neuen Herzen lebt); Crista D. Weisshaupt (Sachbearbeiterin, ehemalige Kantonsrätin, die online einen Partner sucht).
Rimini Protokoll (Helgard Haug, Stefan Kaegi, Daniel Wetzel) liefern in ihren Arbeiten ein Theater, das auf eine fundamental neue Weise mit der Realität umgeht. Damit gehört das vielfach preisgekrönte Dreier-Kollektiv zur Spitze einer neuen Theatergeneration in Europa. Ihr Projekt «Wallenstein» (das im Juli am Schauspielhaus Zürich gezeigt wird) wurde eben als eine der zehn besten Inszenierungen der Saison für das Berliner Theatertreffen der zehn besten Inszenierungen der Saison ausgewählt. Rimini Protokoll macht Theater ohne Schauspieler, aber nicht mit Laien. Ihre «Experten» spielen sich selbst in einem Kontext, einem Milieu, einer «Geschichte», die ihre eigenen sind. Das Regie-Trio sorgt dafür, dass daraus theatertaugliche Abende werden.
Wenn die Realität ins Theater einfällt… Die Arbeit von Rimini Protokoll besteht zu einem grossen Teil aus der Recherche und dem Casting der Darsteller. Die Anforderungen an die Performer sind hoch, müssen sie neben der Fachkompetenz auch über genügend freie Zeit verfügen. Das ist besonders bei medizinischem Personal sehr selten. Letzte Woche konnten wir endlich einen Spezialist für Schweinekrankheiten für unser Projekt gewinnen. Der emeritierte Professor Bertschinger, hat in seiner jetzigen Lebenssituation fast alle Zeit der Welt – ausser eben gerade an dem Tag der geplanten Premiere, am 31.3.2006. Da muss er an ein nichtverschiebbares wichtiges familiäres Ereignis und würde bei Nichterscheinen seine Nächsten stark brüskieren.
Sonderveranstaltung: Am Samstag, 1. April, 17 Uhr, in der Montagehalle des Schiffbaus werden Rimini Protokoll über ihre Arbeit berichten. Eintritt frei. (Wir werden über diese Veranstaltung noch informieren.)