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Uraufführung: „M.S. Adenauer“, die erste antiautoritäre Staatsoper von Schorsch Kamerun im Schauspiel Köln

Premiere 6. März 2009 wird in der Halle Kalk

 

Was ist übrig geblieben vom großen Druck von oben in das kleine Private bei mir unten? Bin ich freier geworden durch neue Selbst-Beherrschung, oder verunsichert diese ständige Ich-Führung umso stärker?

Stimmt es, dass die Welt ausschließlich regiert wird von okkulter, unkontrollierbarer Ökonomie? Wenn das so ist, mit welchen Ausdrucksformen kann ich Zeichen dagegen setzen? Noch Ende der Siebziger Jahre gab es kein Vertun: Wer anders sein wollte, konnte das leicht zeigen. Wer wütend war, fand wütende Mittel und definierten Verhaltenssound dazu. Das ist jetzt nicht mehr so sauber, denn: Welche vernehmbare Alarmschelle wird gehört im totalen Klingeln? Nichtdazugehören gehört dazu. Wer sind die Glöckner, die uns die Sinne verkleben, unsere Eigenheiten verkaufen, uns ohnmächtig machen und sämtliche Individualität zur öffentlichen Imageware verpacken? Und wo ist das, was früher so hart sichtbar war? Schönschreibklub, Bügelfalten an harten Anzugnähten, unverrückbare Autoritäten?

 

Die Zeiten, wo der Staatsmann noch Abbild vom Staate war, sind gesprengt, nur, was ist an die Stelle dieser tauglichen Feindbilder gerückt? „Dampfer Adenauer“, „Planierwalze Strauss“, „S-Klasse Kohl“. Werden wir, die wir gegen machtvolle Autorität ausgezogen sind, jetzt die, die dazu auffordern, den Staat, das „Schweinesystem“ zu schützen? Wird der „Kontrollapparat“ die letzte Bastion gegen die entfesselten Schreckenhüpfer und grenzenlosen Profitsaugetiere?

 

Wir steigen nicht aus! Wir werden uns mit einem mutigen Team aus Beutekennern und Schutzsuchenden, Profis und Ahnungslosen in Situationen bringen, die einerseits durchgesetzt sind, andererseits an einem Anfang stehen könnten. Wir werden versuchen die Bilder der Befugnisse und Befehlsebenen noch einmal aufzustellen, sie noch einmal einreißen, um dann zu überprüfen, in welchem rettenden Boot oder ob wir überhaupt irgendwo drin sitzen. Unsere Form soll als MACHTSPIELCHEN (M.S.) verstanden werden, als Notruf unseres Widerspruchs. Gesungen und Gerungen. Ein Opernball und seine Gegendemo.

 

Schorsch Kamerun, geboren 1963 in Timmendorfer Strand, ist einer der 14 besten Menschen. Er ist Gründungsmitglied und Sänger der Hamburger Band „Die Goldenen Zitronen“. Zusammen mit Rocko Schamoni betreibt er den Hamburger „Golden Pudel Club“. Seit 2000 ist er auch als Theaterregisseur und -autor tätig und spielt sowohl in seinen eigenen Inszenierungen als auch in denen von Christoph Schlingensief und Stefan Pucher. Er inszeniert am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, am Schauspielhaus Zürich, am Staatstheater Hannover, an den Münchner Kammerspielen, an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Berlin, bei den Wiener Festwochen, der RuhrTriennale und den Ruhrfestspielen in Recklinghausen. Für sein WDR-Hörspiel „Ein Menschenbild, das in seiner Summe Null ergibt“ erhält er 2007 den Hörspielpreis der Kriegsblinden. „M.S. Adenauer“ ist seine erste Regiearbeit am Schauspiel Köln.

 

Es spielen: Jennifer Frank, Albert Kitzl, Tina Klügel, Jens Rachut, Gesa Schwietring, Maik Solbach, Laura Sundermann und Birgit Walter.

 

Totalregie Schorsch Kamerun,

Bühne Constanze Kümmel,

Kostüme Daniela Selig Musik Jörg Follert,

Dramaturgie Götz Leineweber

 

Weitere Vorstellungen: 10., 11., 17. und 18. März 2009 in der Halle Kalk

 

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