Bis zu Melvilles Tod verkaufte sich nicht einmal die erste Auflage von 3000 Exemplaren. Erst dreißig Jahre nach dem Tod des Autors wurde sein vielschichtiges Werk mit all seiner Symbolkraft und seinem philosophischen Tiefgang wiederentdeckt. Denn „Moby Dick“ ist nicht nur ein Seefahrerabenteuer – es ist ein Weltentwurf. Ein Roman über die Hybris des Menschen, sich die Natur zu unterwerfen, über die Folgen ungezügelter Expansionswut, aber auch ein Zeugnis der neuen Welt, die damals wirklich noch neu war.
Der flämische Autor Peter Verhelst hat für die Zusammenarbeit des niederländischen Musiktheaterensembles Veenfabriek mit dem Schauspielhaus Bochum einen neuen Text geschrieben, der die Motive des Melville’schen Mythos einfängt. Er verdichtet Themen, die um Erkenntnisse der Wissenschaft, Konzepte der Metaphysik und das sich im Zuge der Industrialisierung wandelnde Selbstbild des Menschen kreisen. Gemeinsam mit der Band „Track“, die bereits zur Eröffnung der Saison 2010/2011 für Furore im Schauspielhaus sorgte, bringt Paul Koek diese Interpretation als theatrales Konzert auf die Kammerspielbühne. Die Fabel von der Jagd auf das mysteriöse Monster, die bei Verhelst das Hintergrundrauschen seiner Konzentration auf die Gedan-ken, Sehnsüchte und Ängste der Figuren bildet, inszeniert er mit Schauspielern der Veenfabriek und des Schauspielhauses. Dazu gibt es Live-Musik, die jeden Abend neu erfunden wird.
Der Regisseur, Komponist und Schlagzeuger Paul Koek gründete 2005 im niederländischen Leiden die Veenfabriek, ein internationales Musiktheater-Ensemble. Künstler und Wissenschaftler erforschen hier gemeinsam neue interdisziplinäre Formen darstellender Kunst, ausgehend von verschiedensten Varianten des Musiktheaters. Das Ensemble gibt Gastspiele überall in den Niederlanden und im europäischen und außereuropäischen Ausland. Auch die Inszenierung von „Moby Dick“ wird nach der Bochumer Uraufführung in den Niederlanden an verschiedenen Theatern gastieren. Nicht zuletzt im Zuge der prekären kultur-politischen Situation in den Niederlanden setzt die langfristige Kooperation von Schauspielhaus Bochum und der Veenfabriek neben den internationalen künstlerischen Akzenten auch politisch ein wichtiges Zeichen.
Paul Koeks Arbeiten wurden vielfach ausgezeichnet, so z. B. 2009 mit der höchsten Kulturauszeichnung der Niederlande, dem Prinz Bernhard Kulturfond Theaterpreis. Seine gemeinsam mit Johan Simons erarbeitete Inszenierung von Horváths „Kasimir und Karoline“ war 2010 zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Von 1987 bis 2005 war Paul Koek Mitglied und ab 1993 künst-lerischer Koleiter der Theatergruppe „Hollandia“ von Johan Simons. Als Schlagzeuger arbeitete er mit Künstlern wie Peter
Greenaway, Heiner Goebbels oder Bob Wilson. Am Schauspielhaus Bochum hat er bereits Voltaires „Candide“ und Tschechows „Drei Schwestern“ inszeniert.
Peter Verhelst wurde im belgischen Brügge geboren und ist Dramatiker, Lyriker und Romanautor. Er wurde mit einem der renommiertesten Literaturpreise Belgiens ausgezeichnet, der „Gouden Uil“. Seine Stücke inszenierten Regisseure wie Johan Simons, Luc Perceval und Wim Vandekeybus. Zuletzt schrieb er für die Veenfabriek den Text zu „Medea“.
Eine Koproduktion mit der Veenfabriek Leiden, Niederlande
Regie: Paul Koek /
Bühne: Theun Mosk /
Kostüme: Dorothee Curio /
Musik: Veenfabriek /
Sounddesign: Will-Jan Pielage /
Dramaturgie: Paul Slangen und Olaf Kröck
Mit: Reinout Bussemaker, Therese Dörr, Henrik Schubert, Werner Strenger, Joep van der Geest / Musiker: Track
Die nächste Vorstellung: 28.2.