2005 verbrannte der Asylbewerber Oury Jalloh in einer Zelle des Dessauer Polizeireviers. Das Geschehene polarisiert, und wird zum Gesprächsanlass über die großen Themen gesellschaftlichen Zusammenlebens wie Heimat, Identität, Rassismus, Humanität, Integration und Gewalt.
Das Theaterprojekt SCHWARZWEISS sucht nach den unterschiedlichen Stimmen innerhalb der Dessauer Stadtgesellschaft, um ein Panorama der Meinungen und Deutungen zu entwerfen. Das Team um die Regisseurin Nina Gühlstorff interviewte in den vergangenen Monaten Flüchtlinge und Polizisten, Freunde des Toten und alteingesessene Dessauer, Zugezogene und Würdenträger. Auch wenn die Theatermacher ziemlich oft hörten: „solange der Prozess läuft, können wir uns dazu nicht äußern", haben sie eine Vielzahl interessanter Gespräche führen können. Die divergierenden Positionen setzen Gühlstorff & ihr Team zueinander in Bezug. Das Projekt SCHWARZWEISS thematisiert nicht nur den Fall Oury Jalloh, sondern erzählt über Fremdheit und Alltag, Hoffnungen und Ressentiments, MTV gucken und das Bedürfnis zu Schweigen.
Gemeinsam mit Schauspielern, Puppen und Bewohnern Dessaus inszeniert Gühlstorff eine theatrale Stadtbegehung. Diese führt das Publikum vom Stadtpark über die Moschee, das Philantropinum, das Telecafé, den „Afrika Döner“ und andere überraschende Räume zum Alten Theater.
Nina Gühlstorff, geb. 1977, arbeitet seit 2001 als freie Regisseurin u.a. in Dresden, Heidelberg, Osnabrück, Jena, Magdeburg, Mannheim und Basel. Seit 2004 engagiert sie sich intensiv für die Fortentwicklung des Dokumentar Theaters, zuletzt „They Call Me Jeckisch" im Rahmen einer israelisch-deutschen Theaterpartnerschaft. Gemeinsam mit Dorothea Schroeder, mit der sie u.a. „Zu Gast in Mettmann - eine Rundfahrt durch eine ziemlich normale Kleinstadt im Westen Deutschlands“ (2007) und „Der Dritte Weg. Eine theatrale Demonstration“ durch Jena (2009) inszenierte, leitete Nina Gühlstorff regelmäßig das Festival für zeitgenössische Dramatik „Spieltriebe“ am Theater Osnabrück.
Das Projekt wird gefördert im Fonds Heimspiel der Kulturstiftung des Bundes. Weitere Förderer sind die Lotto Toto GmbH Sachsen-Anhalt, die Stadt Dessau-Roßlau und die Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt.
Inszenierung Nina Gühlstorff
Ausstattung Annette Schemmel | Paul Huf
Puppen Atif Hussein
Dramaturgie Maria Linke
Recherchen und Archiv Uwe Fischer
Produktionsleitung Christian Öhl
Regieassistenz Manuela Wießner
Produktionsassistenz Christian Öhl
Mit Eva Marianne Berger | Abak Safaei-Rad | Jan Kersjes | Hans-Jürgen Müller-Hohensee / Matthieu Svetchine | Bewohner der Stadt Dessau