Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Uraufführung: "SPAM - Fünfzig Tage" von Roland Schimmelpfennig - DeutschesSchauSpielHausHamburgUraufführung: "SPAM - Fünfzig Tage" von Roland Schimmelpfennig -...Uraufführung: "SPAM -...

Uraufführung: "SPAM - Fünfzig Tage" von Roland Schimmelpfennig - DeutschesSchauSpielHausHamburg

Premiere Fr. 23/05/2014/20.00 Uhr, SchauSpielHaus. -----

Ein verlorener Ort im Herzen Afrikas. Erzählt wird die Geschichte einer Handvoll Menschen, die an diesem Ort leben und arbeiten. Unter mörderischen Bedingungen wird hier Coltan abgebaut, ein metallischer Grundstoff, der die Voraussetzung bildet für die Produktion und Funktionsfähigkeit von Mobiltelefonen.

 

 

Die verbalen Ausdünstungen unseres Telefonverkehrs dringen jedoch höchstens als Hintergrundrauschen bis in diese ferne Region. Es wäre ein Euphemismus, es Schicksal zu nennen, was den Menschen hier widerfährt – es ist die nackte Ausbeutung. Ausgelöst durch ein Grubenunglück und grundiert von nicht enden wollendem Regen zeichnet der Autor den Grusel hinter der polierten Außenhaut unserer Smart- und sonstigen Phones.

 

Die Geschichte, die er erzählt, ist aber vielfältig facettiert und gebrochen: Die Menschen, denen wir am Rande der Grube begegnen, sitzen wie eine Art Wiedergänger in einem U-Bahn-Zug, der an einem heißen Sommerabend, glühend von „afrikanischer Hitze“, in sein Verderben donnert. Hinter dem Spam-Geplapper der Mitreisenden lauern Beklemmung, Ängste, Verlorenheit. Als hätten sie eine zweite Identität, beobachten wir Figuren, die wir schon kennen, in einer Parallelwelt, während sie an dem anderen Ort durch den Mahlstrom der Ausbeutung verelenden, real und seelisch, bis dem Chef der Grube ein Herz aus Stein eingepflanzt wird, als wär‘s eine Geschichte von Wilhelm Hauff. Zwei Albtraumwelten spiegeln und durchkreuzen sich – und ewig rauschen die Stimmen. Eine poetische Recherche im Herzen der Finsternis. Hier sind zwei Welten einfach falsch verbunden.

 

Roland Schimmelpfennig ist einer der bekanntesten deutschsprachigen Autoren, seine Stücke werden weltweit gespielt. Am Schauspielhaus wurden zahlreiche seiner Stücke aufgeführt (»Die arabische Nacht«, »Push Up 1-3«, »Vorher/Nachher«, »Calypso«, zuletzt »Der goldene Drache« in der Regie von Klaus Schumacher). Seit geraumer Zeit inszeniert Schimmelpfennig seine Stücke auch selbst. »SPAM« ist ein Auftragswerk für das Deutsche SchauSpielHaus.

 

Es spielen: Lina Beckmann (Die blinde Frau), Elizabeth Blonzen (Elena), Katja Danowski (Der Kapitän), Paul Herwig (Der Mann in der Grube), Jan-Peter Kampwirth (Der Zweite), Aljoscha Stadelmann (Der Riese) / Musiker: Suzana Braderic, Alex Jezdinsky

 

Regie: Roland Schimmelpfennig

Bühne: Wilfried Minks

Kostüme: Lane Schäfer

Musik: Hannes Gwisdek

Licht: Susanne Ressin

Dramaturgie: Michael Propfe

 

Weitere Aufführungen: 26/5, 1/6, 6/6

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 12 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

EXPLOSIVE KLANGMISCHUNG -- "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky bei NAXOS (BR KLassik)

Nicht sonderlich erfolgreich geriet die Stuttgarter Uraufführung der einaktigen Oper "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky im Jahre 1917 unter der Leitung von Max von Schillings. In…

Von: ALEXANDER WALTHER

Die ganze Wahrheit? -- „True Crime“ - Andrey Kaydanovskiy | Hege Haagenrud | Demis Volpi in der Deutschen Oper am Rhein

Drei tänzerische Perspektiven zu Wahrheit und Fiktion: Andrey Kaydanovskiy „Chalk“, Hege Haagenrud „The Bystanders“, Demis Volpi „Non-Fiction Études“  

Von: Dagmar Kurtz

SZENEN OHNE ILLUSIONEN -- "Tosca" von Giacomo Puccini in der Staatsoper Stuttgart

Kann Kunst unsere Wirklichkeit beeinflussen? Diese Frage steht als zentrales Thema im Zentrum der Inszenierung von Willy Decker, dessen Figuren sich in Puccinis "Tosca" in einem schwarzen Kasten…

Von: ALEXANDER WALTHER

RETTET DIE FRAUEN! -- Premiere "Zertretung" von Lydia Haider im Schauspiel Nord STUTTGART

Die 1985 in Oberösterreich geborene Lydia Haider hat hier einen radikalen Text vorgelegt, der zuweilen an Rainald Goetz erinnert. Die zentrale Frage lautet: Wie geht man mit einem System um, das…

Von: ALEXANDER WALTHER

ATEMLOSE HÖHENFLÜGE -- SWR Symphonieorchester mit Busoni und Sibelius im Beethovensaal der Liederhalle/STUTTGART

Zwei unterschiedliche Zeitgenossen standen diesmal im Zentrum: Jean Sibelius und Ferrucio Busoni. Immerhin weiß man, dass beide in Helsinki Schumanns Klavierquintett in Es-Dur gemeinsam musizierten.…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑