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"Wolken.Heim." von Elfriede Jelinek am Schauspiel Essen

Premiere: 1. März 2015, 19:00 Uhr, Casa. -----

Es ruht im Boden, es wächst in den Wäldern, es bricht aus den Felsen. Es erwacht, erhebt sich, blickt aus vielen Augenpaaren. Sein Denken und Fühlen ist eins mit dem Grund, auf dem es steht. Es ist bei sich zu Hause. Es öffnet den Mund und gibt sich einen Namen: „Wir!“ Doch kaum ist das „Wir“ gesprochen, da ist es auch schon bedroht.

Das „Wir“ ist eine Demarkationslinie, eine Grenze, und jenseits dieser Grenze steht unweigerlich das Andere, das Fremde, das Unstete, Unnatürliche und unbedingt Auszuschließende. Aus dem Denken wird Wille, aus dem Willen Tat. Und aus dem „Wir“ wird ein Volk, werden Deutsche, Deutsche, Deutsche.

Elfriede Jelineks 1988 verfasster Identitäts- und Heimatmonolog kennt keine Akteure oder Rollen. In

hochartifizieller Versprosa artikuliert sich stattdessen ein Kollektiv in einer kaskadenhaften Collage von Zitaten aus Dichtung, idealistischer Philosophie und Propaganda, die sich unter anderem aus Texten von Fichte, Hölderlin, Kleist, Heidegger und Schriften der RAF speist. Im Verschneiden des heterogenen Materials offenbart Jelineks Theater der Dekonstruktion die gedanklichen Grundmuster eines Diskurses, der in den deutschen Nationalismus und Faschismus münden sollte. Jeder Buchstabe trägt die Saat der Katastrophe schon in sich. Wie sich der postdramatische Text den klassischen Theaterkonventionen verweigert, so öffnet er sich in Jelineks Bearbeitung und Deformation der literarischen Quellen hin zur musikalischen, klanglichen Formung.

Bernd Freytag, geboren 1965, ist Regisseur, Chorleiter sowie Autor von Lyrik, Theaterstücken und

Romanen. Er arbeitete unter anderem mit Einar Schleef, Frank Moritz und Volker Lösch zusammen. Unter seiner Leitung formierte sich aus den Laienchören der Dresdner Inszenierungen von Volker Lösch der Dresdner Bürgerchor, der in der Folge unter seiner Regie auch eigene Inszenierungen

erarbeitete. Bernd Freytag inszenierte außerdem an den Theatern in Duisburg, Linz und Düsseldorf.

Mark Polscher, geboren 1961, ist Komponist, Produzent und Performer. Sein Werkverzeichnis umfasst Orchester- und Chorwerke, Musiktheater und Kammermusik sowie rein elektronische Werke. Viele Stücke sind als Szenische Musik mit elektro-akustischer Aufführungspraxis konzipiert. Seit 1990 hat Polscher mehr als 90 Theater-, Ballett- und Filmmusiken komponiert. Die meisten dieser im Auftrag entstandenen Werke liegen auch in einer konzertanten Fassung vor und finden sich im Repertoire internationaler Ensembles. Polscher ergänzt seine Konzert- und Studioarbeit durch Vorträge, Workshops und Aufsätze zur Musik.

Am Schauspiel Essen werden Bernd Freytag und Mark Polscher als Regieduo erstmals gemeinsam

inszenieren.

Bühne: Christine Gottschalk

Kostüme: Christina Hillinger

Dramaturgie: Florian Heller

Mit: Stefan Diekmann, Jan Pröhl, Sven Seeburg, Silvia Weiskopf und einem Chor.

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