Mit den Worten der heiligen Theresa ausgedrückt: „Über keine Gebete werden so viele Tränen vergossen, wie über erhörte.
Wilhelm Hauff hat sich mit Das kalte Herz als Teil der Märchendichtungen Das Wirtshaus im Spessart der Rastlosigkeit menschlichen Begehrens angenommen. Wohin führen Aufstiegsträume, Phantasien von Macht, Geld und Ansehen, und was hat deren Erfüllung zur Folge? Peter Munk hat Kohle, aber kein Geld. Zwar lebt er nicht gar so schlecht als Köhler mit seiner Mutter im Schwarzwald; jedoch sein Stand und Ansehen behagen ihm nicht. Neiderfüllt schaut er auf die Holzhändler und Glasbläser, die reich begütert in hoher Achtung stehen. Wie aber das schnelle Geld machen? Nun, Peter Munk
gehört zu den Sonntagskindern, von denen die Sage geht, sie haben beim Glasmännlein drei Wünsche frei. Und so geschieht es auch: zusammen mit dem Ratschlag, besonnen mit dem Geld umzugehen, vergoldet das Glasmännlein Peters Wunsch, eine Glasbläserei aufzubauen. Doch nur allzu schnell verprasst er das geschenkte Geld in Kneipen, die Glasbläserei geht Bankrott und wird versteigert.
Einmal erlebter Wohlstand wird doppelt so schmerzhaft vermisst; und wo ein guter Geist wohnt, ist ein böser nicht fern. Der finstere Holländermichel bietet sich nun an, Peter aus der Misere zu helfen durch noch mehr Reichtum, frei nach der Devise: ‚Geld macht nicht glücklich, viel Geld schon. ‘ Das ist freilich bei ihm nur mit Gegenleistung zu bekommen: im Tausch für Peters Herz, das der Holländermichel durch ein steinernes Herz ersetzt. Rücksichtslose Härte, Geiz und Gefühllosigkeit sind nun Peter Munks Begleiter im Umgang mit den
Menschen, und das Unheil nimmt seinen Lauf. Da bleibt nur die Hoffnung, dass er nicht von allen guten Geistern verlassen ist. Es tut diesem ganz im Geist der Romantik verfassten Kunstmärchen gar keinen Abbruch, wenn Hauff seiner Fabel und den Figuren eine Kritik am bedingungslosen Geschäftemachen und an der rücksichtslosen Bereicherungswut des rasant aufstrebenden Industriekapitalismus unterlegt. Ganz im Gegenteil, nicht didaktisch, sondern spannungsreich und doch mit märchenhafter Klarheit setzte der Schwabe diese Geschichte von Neid und Habgier im sagenumwobenen Schwarzwald in Szene.
Es gibt nicht viele Erzählungen, bei denen so klar und eindrucksvoll im Hintergrund steht, dass Geld allein nicht glücklich macht, dass Reichtum auch verpflichtet, und dass für ein menschliches Miteinander andere Werte als
nur Besitz vonnöten sind. Wer meint, dass Summen und Zahlen über dem Glück stehen, wird hier eines Besseren belehrt.
ab 10 Jahren
Inszenierung: Philip Stemann
Bühne und Kostüme: C. R. Müller
Dramaturgie: Sven Kleine
Mit: Gregor Henze, Juliane Pempelfort, Andreas Petri, Axel Röhrle, Hendrik Vogt, Lutz Wessel, Ingeborg Wolff
Die nächsten Vorstellungen sind am 4. / 11. / 13. / 14. / 16. / 19. / 21. und 28. Dezember 2010 im Opernhaus.