1683 fand die letzte Belagerung Wiens durch die Osmanen statt, und der Schrecken, der um sich gegriffen hatte, wich langsam einer Mischung aus Angst und Interesse an allem, was „türkisch“ war (oder so schien). Einige Jahre vor Mozarts Die Entführung aus dem Serail übersetzte Karl Friberth, Sänger bei Haydn am Hof des ungarischen Grafen Esterházy, das französische Libretto der Oper La Rencontre Imprevue von Christoph Willibald Gluck ins italienische. Haydn komponierte auf dieses Libretto die Oper L’incontro improvviso. Doch diese Türkenoper spielt gar nicht in der Türkei:
Prinz Ali, in Ungnade gefallener Bruder des Königs und Rezia, die persische Prinzessin sehen sich unverhofft wieder, tausende Kilometer weg von dem Ort, wo sie durch den Überfall von Piraten getrennt wurden. In Kairo ist Rezia dem Sultan im Harem gefügig, Ali irrt durch die Straßen. Sein Diener Osmin säuft zusammen mit den Bettelmönchen des Derwisch-Ordens, die Frömmigkeit heucheln, das Geld am Abend aber bei ihrem Chef, dem Kalender, abliefern. Eines Tages sieht Balkis, die Vertraute Rezias, Ali auf der Straße. Rezia ist überglücklich, möchte Ali aber prüfen, ob er ihr treu war und ist. Dardane ist auserwählt, ihn zu prüfen, doch Ali bleibt standhaft. Also gibt sich Rezia zu erkennen, und die beiden planen die Flucht. Sie möchten ausnutzen, dass der Sultan einige Tage nicht in der Stadt ist. Angeblich.
Ein türkischer Schauspieler wird den Pascha, den dramatischen Widerpart der Flüchtlinge, darstellen, die sich im Exil unter osmanischer Herrschaft in Kairo befinden. Es wird neben der großartigen Musik von Joseph Haydn traditionelle osmanische Musik gespielt werden, quasi als Rezitativuntermalung der türkischen Texte. Deshalb auch die Entscheidung, diese Oper in deutscher Sprache aufzuführen, und zwar in der ältesten deutschen Übersetzung des italienischen Librettos durch Franz Xaver Gircik, die noch zu Lebzeiten Haydns entstanden ist. Sie ist seit dem 18. Jahrhundert nicht mehr aufgeführt worden.
Libretto von Carl Friberth
In dt. Sprache (Übersetzung aus dem italienischen: Franz Xaver Gircik)
Musikalische Leitung: Florian Frannek
Inszenierung: Jakob Peters-Messer
Bühne & Kostüme: Markus Meyer
Choreinstudierung: Jens Bingert
Dramaturgie: Johannes Blum
Mitwirkende
Der Pascha von Ägypten: Selim Dursun
Ali: Christian Sturm
Osmin: Boris Leisenheimer
Rezia: Banu Böke
Balkis: Dorothea Brandt
Dardane: Miriam Scholz
Qalander: Miljan Milović
Offizier: Jochen Bauer, Xavier Zapata Vera
Ud-Spieler: Emin Ibrahim Izgialp
Bässe des Opernchors der Wuppertaler Bühnen
Sinfonieorchester Wuppertal
Die nächsten Vorstellungen sind am 6. / 12. und 20. Februar 2011 im Opernhaus.