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«Amphitryon» – Kleists Tragikomödie der Seele in Zürich

Premiere am Donnerstag, 14. September, 20 h, im Schauspielhaus - Pfauen.

Tiefes Dunkel liegt noch über dem Palast von Theben, als Amphitryons Knecht Sosias aus dem Feld kommt, um der frisch vermählten Gattin seines Herrn dessen triumphalen Sieg im Kampf gegen Athen zu melden.

Doch das Dunkel wird noch tiefer, als Sosias vor der Pforte des Palasts von einem Fremden aufgehalten wird, der ihm nicht nur den Eintritt wehrt, sondern auch noch in Anspruch nimmt, ebenfalls Sosias zu sein. In Wahrheit handelt es sich um den Gott Merkur, der mit seinem Herrn Jupiter vom Olymp herabgestiegen ist, um am Hof von Theben einzukehren, wo Jupiter unter der äusseren Gestalt Amphitryons die Nacht bei der getäuschten Frau des Feldherrn, Alkmene, zubringt. Mit dem anbrechenden Tag wird die Verwirrung offenkundig: Amphitryon, der echte, kehrt zurück und muss durch seine Frau von einer – im doppelten Sinn – göttlichen Liebesnacht erfahren, an der er mit Sicherheit nicht teilgenommen hat.

Aber auch der Göttervater findet keine Ruhe und kehrt, wiederum in der geliehenen Gestalt des Feldherrn, zurück, um herauszufinden, ob Alkmene ihn um seiner selber oder nur um seiner angenommenen Identität willen geliebt hat. Doch Alkmene, die ein heiliges Gesetz in ihrem Busen trägt, muss mit Schrecken feststellen, dass ihr Schöpfer ausgerechnet dies Gesetz mit Füssen tritt. Einmal mehr ist Kleists Figuren auf Erden nicht zu helfen, aber sogar «der Olymp ist öde ohne Liebe».

«Amphitryon» ist vielleicht Heinrich von Kleists am perfektesten gebautes Stück: eine klassische Komödie, auch wenn sie die Gattungrenzen ständig überschreitet. Sein «Lustspiel nach Molière» stattet Kleist - weit über die Vorlage hinausgehend - mit unauflöslichen Konflikten aus, die unter anderem verhindern, dass das Stück bei ihm ein glückliches Komödienende nimmt. Die Sprache ist von schwereloser Poesie, die Dialoge funkensprühende Wortgefechte, und doch enthält «Amphitryon» Kleists elementare Verzweiflung an der Welt.

Unter der Regie von Matthias Hartmann treffen die Ensemblemitglieder Michael Maertens (Amphitryon) und Robert Hunger-Bühler (Jupiter) zum ersten Mal aufeinander. Für das Zürcher Publikum bietet die Aufführung ausserdem ein Wiedersehen mit Dörte Lyssewski (als Alkmene), die an diesem Haus bereits grosse Erfolge hat feiern können. In der letzten Spielzeit war sie im Gastspiel «Viol» (Botho Strauss/Luc Bondy) zu sehen. Mit Matthias Hartmann hat sie fünf Jahre lang in Bochum gearbeitet, unter anderem in der gefeierten Botho-Strauss-Uraufführung «Der Narr und seine Frau heute abend in Pancomedia». Mit Karin Pfammatter, Oliver Masucci und Fabian Krüger geben drei weitere Publikumslieblinge und glänzende Komödianten den kleistschen Figuren Leben.

Unter dem Titel «Amphitryon. Eine Wiedereroberung» ist 1928 von Thomas Mann ein 60-seitiges Essay über das Stück erschienen. «Das ist das witzig anmutvollste, das geistreichste, das tiefste und schönste Theaterspielwerk der Welt», schrieb Mann.

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