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Ballettpremiere b.26 im Opernhaus Düsseldorf

am Freitag, 16. September 2016, um 19.30 Uhr. -----

nach dem Erfolg in Duisburg startet das Ballett am Rhein im Opernhaus Düsseldorf mit b.26 in die neue Saison. Mit Choreographien von August Bournonville, Antony Tudor und Terence Kohler spannt Martin Schläpfer einen weiten Bogen von einem der Hauptvertreter der europäischen Romantik bis hin zu einem jungen Choreographen der Gegenwart.

 

 

August Bournonville: Bournonville Divertissement

Berühmte Namen wie Hans Christian Andersen, Søren Kierkegaard oder Bertel Thorvaldsen sind untrennbar mit der kulturellen Blüte Dänemarks in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verknüpft. In eine Reihe mit diesen Künstlern ist auch August Bournonville (1805-1879) zu stellen, der den Tanz ausgehend vom Königlich Dänischen Theater in Kopenhagen zu einer der wichtigsten Künste des Landes machte und neben Marius Petipa zu den bedeutendsten Ballettschaffenden dieser Zeit zu zählen ist. Seine Choreographien voll filigraner Leichtigkeit, Eleganz und Esprit strahlten nach ganz Europa aus: Kopenhagen wurde zu einer der wichtigsten Stätten des Tanzes, vergleichbar mit Paris oder später St. Petersburg.

 

Beflügelt durch seine vielfältigen Reiseeindrücke schuf Bournonville insgesamt über 50 Ballette, in denen er die Besonderheiten einer Stadt in volkstümlichen Szenen nachstellte, so auch in seinen Meisterwerken „Napoli“ von 1842 und „Blumenfest in Genzano“ von 1858 – zwei seiner bis heute im Repertoire erhaltenen Werke, zu denen er durch seine Italienreisen inspiriert wurde. Das Ballett am Rhein präsentiert ein „Bournonville Divertissement“, das mit dem Pas de six und der Tarantella aus

dem dritten Akt von „Napoli“ zwei brillante Tanzsequenzen mit einem weiteren Beispiel für Bournonvilles

choreographische Meisterschaft kombiniert: dem Pas de deux aus seinem Ballett „Blumenfest in Genzano“– heute eine seiner bekanntesten Kreationen. Nach der gefeierten Vorstellungsreihe im Theater Duisburg zeigen die Tänzerinnen und Tänzer des Balletts am Rhein dieses von purer Lebensfreude übersprudelnde Ballett nun auch im Opernhaus Düsseldorf.

 

Der Däne Johnny Eliasen – Spezialist für die verfeinerte Technik und den speziellen Stil August Bournonvilles – zeichnet für die besondere Kombination der berühmten Nummern aus Bournonvilles Balletten und deren Einstudierung mit dem Ballett am Rhein verantwortlich. Nach einer langjährigen Karriere als Solist beim Königlich Dänischen Ballett sowie bei anderen Compagnien bestimmte er u.a. als künstlerischer Co-Direktor die Geschicke des traditionsreichen Ensembles mit. Seit 1981 vervollkommnet er als ein begehrter Gasttrainingsleiter die Technik und die künstlerischen Fähigkeiten von Tänzerinnen und Tänzern bei renommierten Compagnien und Ausbildungsinstitutionen auf der ganzen Welt. Kostümbildnerin Maja Ravn entwarf passend zur lebendigen Tradition des historischen Balletts aufwendig verzierte Kleider – eine modernisierte Interpretation des

romantischen Kostümstils.

 

Musik Tarantella und Pas de six aus „Napoli“ sowie Pas de deux „Blumenfest in Genzano“ von Edvard Mads Ebbe Helstedt und Holger Simon Paulli

Choreographie August Bournonville

Musikalische Leitung Wen-Pin Chien / Axel Kober

Kostüme Maja Ravn

Licht Franz-Xaver Schaffer

Choreographische Einstudierung Johnny Eliasen

Orchester Düsseldorfer Symphoniker

 

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Antony Tudor: Dark Elegies

Es ist ein Ritual des unfassbaren Schmerzes und der tiefsten Trauer, das Antony Tudor (1908–1987) in seinen „Dark Elegies“ zu Gustav Mahlers „Kindertotenliedern“ für Bariton und Orchester vor unseren Augen ausbreitet: Eine Dorfgemeinschaft hat sich zusammengefunden, um den Tod ihrer Kinder zu beklagen. Ruhig und entschlossen wirken die Tänzerinnen und Tänzer, suchen keinen Trost beim anderen – und doch ist es das Miteinander aller, das ihnen Kraft schenkt. Gebets- und Andachtshaltungen, aber auch Volkstanzelemente bilden die Basis von Tudors Bewegungssprache, werden aber durch Dehnungen, Überzeichnungen und Erweiterungen zum einen aufgebrochen, zum anderen der linearen Strenge des klassischen Balletts unterworfen. Erinnern die Gruppensequenzen in ihrer großen Klarheit und Kargheit an die Wucht antiker Tragödienchöre, so wirken die Soli

mit ihren verzweifelten Sprüngen und zusammenfallenden Gesten wie schmerzhafte emotionale Ausbrüche.

In den existentiellen Fragen der „Kindertotenlieder“ und getrieben von einer geradezu brennenden Suche nach Wahrhaftigkeit in der Versöhnung von Ausdruck und Form fand Tudor zu einer ganz eigenen Beseelung der Gestik. „Als ‚Dark Elegies‘ 1937 kreiert wurde, ging der englische Tanz in eine neue Phase“, schrieb der Tanzkritiker A.V. Coton: „Zum ersten Mal nach ‚Petruschka‘ wurde ein Ballett gezeigt, das in der Lage war, eine emotionale Rührung zu bewirken, die so tief reicht wie jene Katharsis, die Aristoteles als den eigentlichen Höhepunkt eines großen Dramas ansah.“ Und die berühmte Tänzerin und Choreographin Agnes de Mille berichtete über die Uraufführung: „Ein Teil des Publikums brach in Tränen aus. Musiker, Maler und Journalisten stürzten begeistert aus dem Theater und hingen den ganzen nächsten Tag am Telefon, um die große Neuigkeit zu verbreiten“ – eine Wirkung, die Tudors Werk auch heute noch zu entfalten vermag.

 

Musik „Kindertotenlieder“ auf Gedichte von Friedrich Rückert für Bariton und Orchester von Gustav Mahler

Choreographie Antony Tudor

Musikalische Leitung Wen-Pin Chien/Axel Kober

Bühne und Kostüme Thomas Ziegler

Licht Franz-Xaver Schaffer

Choreographische Einstudierung Amanda McKerrow, John Gardner

Bariton Dmitri Vargin Orchester Düsseldorfer Symphoniker

 

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Terence Kohler: ONE

Es sind kräftige, energiegeladene Szenen, mit denen der australische Choreograph Terence Kohler sein Ballett „ONE“ eröffnet. Immer wieder stürzen neue Tänzerformationen auf die Bühne, in verschiedenen Gruppen, manchmal auch vereinzelt. Es ist ein Anrennen, ein Kämpfen, ein Ringen, für das der Raum, den Verena Hemmerlein entworfen hat, keinen Ausweg bietet: riesige monolithische Säulen, Blöcke wie Basalt, auf denen die Zeit feinste Spuren hinterlassen hat.

 

Zu Johannes Brahms’ Sinfonie Nr. 1 ist für das gesamte Ensemble des Balletts am Rhein eine Choreographie entstanden, in der sich die Bilder des Kampfes und der Bedrängnis immer mehr in Momente der Befreiung auflösen – zunächst der von Brahms angelegten Dramaturgie „Durch Nacht zum Licht“ folgend hinein in ein großes Solo der Tänzerin Yuko Kato, über das Marieluise Jeitschko auf tanznetz.de schrieb: Dieses „überbordend lebensfrohe, energiegeladene, technisch unglaublich geschmeidige Solo zum heiteren Allegretto dürfte in die neuere deutsche Tanzgeschichte eingehen.“ Doch das Schaffen neuer Werke ist immer auch eine Auseinandersetzung mit der eigenen Gegenwart – eine Gegenwart, deren brennende Fragen sich nicht immer unbedingt beantworten lassen. Und so entschied sich Terence Kohler ganz am Schluss sein Ballett an die Musik zurückzugeben, nur noch die Töne sprechen zu lassen – und den Raum, der still dasteht.

 

Mit „ONE“ kreierte Terence Kohler sein erstes Werk für das Ballett am Rhein. Geboren 1984 in Sydney, dort und an Birgit Keils Akademie des Tanzes in Mannheim zum Tänzer ausgebildet, war er früh schon vom Choreographieren fasziniert. Erste größere Werke – darunter abendfüllende Handlungsballette wie „Anna Karenina“ – entstanden für das Karlsruher Ensemble, dem er seit 2004 als Tänzer und Choreograph angehörte. 2007 wurde er mit dem Deutschen Tanzpreis „Zukunft“ ausgezeichnet. Das für das Königliche Ballett von Flandern kreierte „11:11“ brachte ihm 2010 eine Nominierung für den Prix Benois de la Danse. In der Spielzeit 2009/10 war Terence Kohler Choreographer in Residence des Bayerischen Staatsballetts, heute ist er freischaffend tätig.

 

Musik Sinfonie Nr. 1 c-Moll op. 68 von Johannes Brahms

Choreographie Terence Kohler

Musikalische Leitung Wen-Pin Chien/Axel Kober

Bühne Verena Hemmerlein

Kostüme Louise Flanagan

Licht Franz-Xaver Schaffer

Orchester Düsseldorfer Symphoniker

 

Vorstellungen im Opernhaus Düsseldorf: Fr 16.09. 19.30 Uhr (Premiere) / Sa 24.09. 19.30 Uhr /

Do 29.09. 19.30 Uhr / Sa 02.10. 15.00 Uhr / Sa 19.11. 19.30 Uhr / Sa 26.11. 19.30 Uhr / Fr 09.12. 19.30 Uhr /

Mi 21.12. 19.30 Uhr

 

Karten und weitere Informationen sind erhältlich im Opernshop Düsseldorf und an der Theaterkasse Duisburg unter Tel. 0211.89 25-211 oder 0203.283 62-100,

sowie über www.ballettamrhein.de

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