Ausgerechnet sein Pazifismus provoziert den seelisch wohl grausamsten aller Kriege, den Familienkrieg. Auf Paramore, dem unheimlichen Landsitz der Wingraves, kommt es zum erbitterten Kampf um die Tradition. Die Konsequenz, mit der sich Owens Schicksal erfüllt und sein unaufhaltsamer Gang in den Tod sind so typisch für Horrorgeschichten wie für klassische Tragödien. Schritt für Schritt folgt der Letzte der Wingraves der Spur seiner Ahnen, den Geistern der Vergangenheit.
Benjamin Britten (1913-1976) gilt als einer der bedeutendsten englischen Komponisten und als Wegbereiter der Moderne. Eine besondere Station innerhalb seines Schaffens war die Uraufführung des Zweiakters Owen Wingrave. Das im Auftrag der BBC entstandene Werk wurde als Fernsehoper konzipiert und erreichte dadurch mit der Erstausstrahlung am 16. Mai 1971 ein breites Publikum. Die erste Bühnenaufführung fand zwei Jahre später im Royal Opera House Covent Garden in London statt. Basierend auf einer Gespenstergeschichte von Henry James – dem Autor der literarischen Vorlage von Brittens The Turn of the Screw – ist Owen Wingrave eine spannende Oper über Pazifismus und Selbstverwirklichung. Als der britische Komponist mit der Arbeit begann, tobte der Krieg in Vietnam. Neben diesem aktuellen äußeren Anlass trieb ihn aber auch Selbsterlebtes an: die eigene Vergangenheit als Kriegsdienstverweigerer.
Bei der aktuellen Neuinszenierung von "Owen Wingrave" im Bockenheimer Depot handelt es sich um die Frankfurter Erstaufführung, mit der Intendant Bernd Loebe den lose gestalteten Zyklus mit Werken Benjamin Brittens fortsetzt. Die musikalische Leitung liegt in den Händen von Kapellmeister Yuval Zorn, der kürzlich einen großen Erfolg mit der Wiederaufnahme von Mozarts La clemenza di Tito feierte. Sein Hausdebüt gibt der englische Regisseur Walter Sutcliffe, der sich in Frankfurt als Assistent von Keith Warner vorstellte und mittlerweile mit eigenen Produktionen international auf sich aufmerksam macht. Die Titelpartie der fast ausschließlich mit Ensemblemitgliedern der Oper Frankfurt besetzten Produktion im Bockenheimer Depot übernimmt Michael Nagy, der 2009/10 zudem in den Partien Frank und Fritz in Korngolds Die tote Stadt zu erleben ist. Kürzlich gab er an der Oper Frankfurt einen stark akklamierten Liederabend mit Werken von Schumann, Schoeck und Korngold. Als General Wingrave gastiert der Tenor Hans Schöpflin erstmals in Frankfurt. 2008 sang er unter der musikalischen Leitung von Sebastian Weigle den Aschenbach in Brittens Death in Venice am Gran Teatre del Liceu in Barcelona.
Oper in zwei Akten von Benjamin Britten
Text von Myfanwy Piper
nach der gleichnamigen Erzählung (1893) von Henry James
In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Musikalische Leitung: Yuval Zorn
Inszenierung: Walter Sutcliffe
Bühnenbild und Kostüme: Kaspar Glarner
Dramaturgie: Agnes Eggers
Licht: Frank Keller
Owen Wingrave, der letzte der Wingraves: Michael Nagy
Spencer Coyle, Leiter einer Militärakademie: Dietrich Volle
Lechmere, Student der Militärakademie: Julian Prégardien
Miss Wingrave, Owens Tante: Sonja Mühleck
Mrs. Coyle: Barbara Zechmeister
Mrs. Julian, Witwe: Anna Ryberg
Kate, ihre Tochter: Jenny Carlstedt
Erzähler, der Balladensänger: Richard Cox
General Sir Philip Wingrave, Owens Großvater: Hans Schöpflin
Frankfurter Opern- und Museumsorchester
Weitere Vorstellungen: 28., 31. Januar, 3., 4., 7. Februar 2010
Falls nicht anders angegeben, beginnen diese Vorstellungen um 19.30 Uhr
Karten sind bei unseren bekannten Vorverkaufsstellen, per Ticket-Hotline 069 – 13 40 400 oder online unter www.oper-frankfurt.de erhältlich.