Ein Jahr, in dem sich regionale Konflikte zu einem globalen Geflecht ordnen, das bis heute wirksam ist. Im Februar wird in Paraguay Alfredo Stroessner gestürzt, in Afghanistan ziehen die sowjetischen Truppen ab, in Venezuela leitet der „Caracazo“ – Plünderungen und Aufstände der Armen – in Südamerika den Aufruhr gegen den Neoliberalismus ein. Am 19. April beginnt an der österreichisch-ungarischen Grenze mit der symbolischen Grenzöffnung das Ende des Eisernen Vorhangs, vom 11. – 14. Mai versucht Kaschmir die Unabhängigkeit, am 3. Juni stirbt Khomeini, am selben und am darauffolgenden Tag rollen Panzer über den Platz des Himmlischen Friedens und hinterlassen eine blutige Spur.
Im Haus der Kulturen der Welt sprechen vom 19. – 22. Februar 2009 Zeitzeugen, Protagonisten, Schriftsteller und Experten über die Zeit vor 20 Jahren und ihre Auswirkungen auf unsere Gegenwart und Zukunft. Die Kuratoren der einzelnen Themenreihen Nevim Çil, Manthia Diawara, Navid Kermani, Yang Lian und Silvia Fehrmann diskutieren mit dem russischen Starautor Vladimir Sorokin, dem iranischen Schriftsteller Ali Khodaii, der Literaturkritikerin Beatriz Sarlo oder der amerikanischen Soziologin Saskia Sassen. Einen Einblick in die Entwicklung der Berichterstattung, nicht nur in ihren Ländern, geben der Journalist Ejaz Haider aus Pakistan sowie der direkt aus Kabul anreisende Faheem Dashty, Mitbegründer von Kabul Weekly. Wang Dan, Studentenführer und heutiger Unterzeichner der chinesischen Charta 8, spricht mit Tilman Spengler und anderen über die unvollendete Reise in’s Exil und wieder zurück. Der erfolgreiche mexikanische Autor und Diplomat Jorge Volpi liest aus „Zeit der Asche“ über Frauen, die sich mit 1989 und den Folgen auseinandersetzen – eine exklusive Vorabpremiere der deutschen Übersetzung. Der nigerianische Literaturnobelpreisträger Wole Soyinka eröffnet zusammen mit dem Historiker Timothy Garton Ash die Thementage am 19. Februar. Im Anschluss daran wird die Chronologie der rumänischen Revolution von Harun Farocki und Andrej Ujica gezeigt.
Während der gesamten Dauer der Thementage laufen auf einzelnen Gesprächsinseln im Foyer des Hauses kontinuierlich Nachrichtensendungen von 1989: Dokumente des tagesaktuellen Journalismus, dessen Form sich seitdem grundlegend verändert hat.
Mit sechs Schwerpunkten rückt 1989 – GLOBALE GESCHICHTEN Europa und die deutsch-deutsche Perspektive aus dem Zentrum und spürt den Verflechtungen der Geschehnisse von `89 jenseits nationaler Grenzen nach: In den Fokus gelangen der Tod Khomeinis in Iran, das Massaker auf dem Tianan’men-Platz in China, in Lateinamerika der Fall der Diktatoren und die Etablierung des Neoliberalismus, der Abzug der kubanischen Truppen aus Angola und das Ende der Apartheid in Südafrika, das Ende der sowjetischen Intervention in Afghanistan und dessen Auswirkungen auf ganz Zentralasien, die Folgen des Mauerfalls für die Migranten und ihre Kinder in Ost- oder Westdeutschland. All dies sind Ereignisse von 1989.
1989 – GLOBALE GESCHICHTEN – Lesungen, Gespräche, Interviews, Musik,
Radio und eine Ausstellung mit internationalem Archivmaterial, Fotografien und Filmen.
Projektleitung: Susanne Stemmler, Leiterin Bereich Literatur, Wissenschaft, Gesellschaft am Haus der Kulturen der Welt.
Kuratiert von Nevim Çil, Manthia Diawara, Silvia Fehrmann, Navid Kermani und Yang Lian, gelesen von den Schauspielern Jeanette Spassova, Laura Tonke und Bastian Trost.
Weiterer Programmpunkt am 21.2.2009: Dr. Motte präsentiert: Party like it’s 1989 – ein einmaliges Revival der Love Parade, die 1989 zum ersten Mal in Berlin stattfand, den Soundtrack der Wiedervereinigung lieferte und elektronische Musik zum Exportprodukt Berlins machte.
Eintritt zu allen Veranstaltungen frei. Alle Veranstaltungen mit Simultanübersetzung ins Deutsche und Englische
1989 – Globale Geschichten wird gefördert vom Hauptstadtkulturfonds und mit Sondermitteln vom Auswärtigen Amt unterstützt.
Eine Veranstaltung in Partnerschaft mit dem Forum Berlin „1989 - 2009. Erinnern für die Zukunft“ der Stiftung Zukunft Berlin, der Freien Universität Berlin und der Hertie School of Governance. www.forum-berlin.eu
1989 – GLOBALE GESCHICHTEN ist Teil der Veranstaltungsserie „1989 – 2009. Das Haus der Kulturen und die Welt“
Nächste Veranstaltung:
BEYOND MULTICULTURALISM?
Fragen an die Einwanderungsgesellschaft
4. - 6. Juni 2009, Internationales Symposium
www.hkw.de