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Deutsche Erstaufführung: "Paradise Reloaded (Lilith)" Oper von Peter Eötvös, Städtische Theater Chemnitz

Premiere: 21. März 2015, 19.30 Uhr im Opernhaus Chemnitz. -----

„Paradise Reloaded (Lilith)“ greift mit einer faustischen Anordnung auf den Beginn der Menschheit zurück: Der gefallene Engel Lucifer fordert Gott mit der Wette heraus, dass er Adam davon abbringen könne, mit Eva das Menschengeschlecht zu gründen, mithin den Menschen als Gottes Erfindung zum Misserfolg zu führen.

 

 

Der Quasi-Satan führt dazu das erste Menschenpaar durch die Kriegsschauplätze der Jahrhunderte bis in eine Zeit, die auch für uns in der Zukunft liegt. Mit Lilith erhält Adam unerwartete Unterstützung: Als seine erste Frau hat sie sich den Aufenthalt im Paradies zwar frühzeitig verscherzt, weil sie empfindliche Forderungen nach Gleichberechtigung stellte. Doch nun erkennt sie die Gefahr für die Menschheit und setzt alles daran, ihren Mann zurückzugewinnen.

 

Peter Eötvös befasst sich in „Paradise Reloaded (Lilith)“ einmal mehr mit einem der großen Themen unserer Kultur: Das Stück ist nichts weniger als ein „Welttheater“, das einen Bogen vom Anbeginn der Menschheit im biblischen Kontext bis in die Zukunft spannt und dabei Fragen von zeitloser Bedeutung und immenser Tragweite berührt. Es basiert auf der „Tragödie des Menschen“ (1861) des Ungarn Imre Madách, die in ihrer literarischen Bedeutung als gleichwertig mit Goethes „Faust“ betrachtet wird. Hatte Eötvös mit Martin Ostermaier in der „Tragödie des Teufels“ (Uraufführung München 2010) bei ähnlichem Themenkreis noch eine anderen Schwerpunkt gesetzt, rückt er in seinem Nachfolgewerk Lilith in den Fokus – nach dem mittelalterlichen „Alphabet des Ben Sira“ die erste Frau Adams, die, von der Bibel wohlweislich verschwiegen, von Gott auf die gleiche Art ins Leben gerufen worden war wie auch Adam: Aus „Erde vom Acker“, versehen mit dem göttlichen „Odem des Lebens“. Im Unterschied zur „rippengeborenen“ Eva, Inbegriff des dem Manne untergeordneten Weibes, steht Lilith daher heute für Unabhängigkeit und Gleichberechtigung der Frau.

 

Am Schluss der Oper sind sowohl Eva als auch Lilith schwanger von Adam. Eötvös sagte dazu in einem Interview anlässlich der Wiener Uraufführung 2013: „Dadurch entsteht natürlich die Frage, wenn Kinder von Lilith und Kinder von Eva in derselben Periode geboren und die Generationen weitergeführt worden sind, von welcher Urmutter wir heute abstammen. Von Lilith oder von Eva? Ich glaube, von beiden!“

 

Eötvös verlieh dem Libretto mit seiner Frau Mari Mezei den letzten Schliff und schrieb eine komplett neue Musik, die „Paradise Reloaded (Lilith)“ einen gänzlich eigenständigen Platz in seinem Œuvre zuweist. Sie zeichnet sich durch eine große Suggestivkraft aus, die den (deutschen) Text blendend transportiert, dabei kontrastreich mit unterschiedlichen Klangwelten jongliert und durch eine hohe Spannung den Zuhörer in ihren Bann zieht.

 

2009 wurde die Oper „Love and Other Demons“ als eine der Aufsehen erregendsten Chemnitzer Produktionen auch überregional gefeiert. Nun bringt das Chemnitzer Opernhaus eine weitere deutsche Erstaufführung des ungarischen Komponisten Peter Eötvös heraus.

 

Der Komponist Peter Eötvös: Soeben 71 Jahre alt geworden und in Transsylvanien geboren, ist Peter Eötvös als Komponist, Dirigent und Professor einer der gefragtesten Interpreten und Kenner der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts. Er erhielt sein Kompositionsdiplom an der Budapester Musikakademie und sein Dirigentendiplom an der Musikhochschule Köln. Seine Kompositionen werden weltweit von renommierten Klangkörpern und Opernhäusern aufgeführt. Seinen großen Opernerfolg mit „Drei Schwestern“ konnte er mit „Le Balcon“, „Angels in America“, „Love and Other Demons“, „Lady Sarashina“ und mit „Der goldene Drache“ fortsetzen.

 

Zwischen 1968 und 1976 war er Mitglied des Stockhausen Ensembles. Von 1971 bis 1979 arbeitete er im Elektronischen Studio des Westdeutschen Rundfunks in Köln. 1978 wurde er zum Musikdirektor des Ensemble Intercontemporain ernannt und wurde seitdem von großen internationalen Orchestern eingeladen. 1991 gründete Eötvös das Internationale Eötvös Institut für junge Dirigenten und Komponisten in Budapest. Er war als Professor an den Musikhochschulen in Karlsruhe und in Köln tätig und leitet regelmäßig Meisterkurse und Seminare auf der ganzen Welt.

 

Deutsche Erstaufführung

Paradise Reloaded (Lilith)

Oper in 12 Bildern von Peter Eötvös

Text von Albert Ostermaier, eingerichtet von Mari Mezei und Peter Eötvös

 

Musikalische Leitung: Frank Beermann

Inszenierung: Helen Malkowsky

Bühne: Hermann Feuchter

Kostüme: Henrike Bromber

 

mit: Mark van Arsdale (Adam), Marie-Pierre Roy (Eva), Holger Falk (Lucifer), Frances Pappas (Lilith), Guibee Yang (Orakel 1), Cordelia Katharina Weil (Orakel 2), Maria Hilmes (Orakel 3), André Riemer (Engel A), Andreas Kindschuh (Engel B), Kouta Räsänen (Engel C)

 

Es spielt die Robert-Schumann-Philharmonie

 

Die nächsten Vorstellungen von „Paradise Reloaded (Lilith)“ sind am 25. und 28. März,

jeweils 19.30 Uhr.

 

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