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Deutsches Theater Berlin: Gewinnertexte für Autorentheatertage 2021 stehen fest

Dezember 2020

Die Autorentheatertage in Berlin sind Gipfeltreffen der Gegenwartsdramatik sowie Entdeckerfestival für neue Stücke und Autoren. Die Jury der Autorentheatertage 2021 hat aus insgesamt 212 eingesandten Theatertexten die drei Gewinnerstücke ausgewählt.

Prämiert werden:

    Sarah Kilter, White Passing
    Amanda Lasker-Berlin, Ich, Wunderwerk und how much I love Disturbing Content
    Chris Michalski, When There‘s Nothing Left To Burn You Have To Set Yourself On Fire

Eine spezielle Erwähnung geht darüber hinaus an:

    Patty Kim Hamilton, Peeling Oranges

Gemeinsam mit den beiden Partnertheatern – dem Schauspielhaus Graz und dem Schauspiel Leipzig – bringt das Deutsche Theater Berlin die drei prämierten Stücke am 12. Juni 2021 im Rahmen einer Langen Nacht der Autor_innen zur Uraufführung. Das Schauspiel Leipzig erarbeitet die Uraufführung von Sarah Kilter, das Schauspielhaus Graz widmet sich dem Text von Amanda Lasker-Berlin, das Stück von Chris Michalski wird am Deutschen Theater in Szene gesetzt. Die drei Preisträger_innen erhalten ein Uraufführungshonorar von jeweils 10.000 Euro. Das Stück von Patty Kim Hamilton wird dem Festivalpublikum während der Autorentheatertage 2021 in einer szenischen Lesung vorgestellt.

Die externe und unabhängige Jury der Autorentheatertage 2021 setzt sich zusammen aus dem Schriftsteller und Bühnenautor Lukas Bärfuss (Jurysprecher), der Theater- und Filmschauspielerin Fritzi Haberlandt und dem Musiker und Theatermacher Schorsch Kamerun. Niemals zuvor waren so viele Theaterstücke zum Wettbewerb eingereicht worden. Einsendungen kamen aus Österreich, Deutschland, der Schweiz, Belgien und Luxemburg. Alle Texte wurden in einem mehrstufigen Prozess gelesen und geprüft.

Jurybegründung
Die Jury begründet ihre Auswahl wie folgt:

Sarah Kilter, White Passing
Wo leben wir eigentlich? Was ist das, eine Gesellschaft? Hat das jemand erfunden? Was macht die Polizei den ganzen Tag? Warum haben hier so viele Leute über dreißig immer noch Kinderhände? Wird man bestraft, falls man ambivalent und äquivalent vertauscht? Ist es ein Akt des Widerstandes, wenn man sich an einem sexistischen Popstar ein Beispiel nimmt? Wie und warum feiert man eine Party? Warum beginnen manche Menschen ihre Sätze mit "Vielleicht bin ich auch zu blöd, um das zu verstehen..."? Welche Kompetenzen braucht man als Drogenbeauftragte? Ist eine Rettung möglich, wenn braune Kandiszucker-Sticks in einer kpm-Schale liegen? Die ganze Verwirrung eines zeitgenössischen Subjekts. Drama. Rasend, aber komisch.

Amanda Lasker-Berlin, Ich, Wunderwerk und how much I love Disturbing Content
Die Stadt Gladbeck in Nordrhein-Westfalen ist berühmt für ihre Verbrechen, für die architektonischen und für jene, die live im Fernsehen übertragen wurden. Daneben gibt es Schandtaten, von denen man nicht genau weiß, ob sie tatsächlich stattgefunden haben. Das vorhandene Filmmaterial klärt in diesem Fall wenig und nährt zusätzliche Zweifel. Denn was ist falsch an Weihnachten? Familie bedeutet schließlich Geborgenheit, Opa ist lieb und zärtlich und notfalls beschützt einem Papa vor allen Gefahren. Aber wie wir wissen, liegt in jedem Bild ein Geheimnis verborgen. Und ein Superachtfilm, den man sich Jahre später von der Feier ansieht, hat eine Frequenz von 18 Bildern in der Sekunde. In einer einzigen Minute macht das also 960 Geheimnisse. Kann man damit leben? Sollte man den Film mit seinem Geheimnis verbrennen? Und warum dann nicht gleich alle Filme, restlos?

Chris Michalski, When There‘s Nothing Left To Burn You Have To Set Yourself On Fire
Im Einkaufszentrum einer deutschen Stadt verbrennt sich ein junger Mann bei lebendigem Leib. Petra, eine Bekannte dieses Jan L., macht sich auf die Suche nach den Gründen für die Tat. Sie spricht mit den Menschen, die ihn kannten und ihn zuletzt sahen: Die Kameradin bei der Bundeswehr, mit der Jan in Afghanistan war. Seine Ex-Frau und Mutter des gemeinsamen Kindes. Die Nachbarn des Verstorbenen. Vera trifft auf Menschen, die von der Gesellschaft als Arbeitskräfte, Konsumenten und Soldaten gebraucht werden, für deren Wut und Trauer sich allerdings niemand interessiert. Eine Geschichte über Konsum und Krieg, über Terror und Traum, mitten aus dem kalten Herz der spätkapitalistischen Gesellschaft.

Über die drei prämierten Texte hinaus zeigen die Autorentheatertage ca. zehn weitere Uraufführungen als Gastspiel und erstmals in Berlin. Flankiert werden die Autorentheatertage wie bereits in den vergangenen Jahren durch das Festival Radar Ost. Das Festivalprogramm und die Gesamtliste aller eingeladenen Autor_innen und Theater werden im Frühjahr 2021 bekanntgegeben.

Die Gewinnerautor_innen
Sarah Kilter wurde 1994 in Berlin geboren. Sie studierte von 2016 bis 2020 Szenisches Schreiben an der Universität der Künste Berlin. Ihre Stücke liefen in Werkstattinszenierungen am Hans-Otto-Theater in Potsdam, am bat-Studiotheater sowie in der Box des Deutschen Theaters Berlin. Ihr erstes Hörspiel Mädchen-Liegestütze wurde 2019 im Deutschlandfunk Kultur urgesendet.

Amanda Lasker-Berlin wurde 1994 in Essen geboren und inszenierte mit 18 Jahren ihr erstes Theaterstück. Nach einem Studium der Freien Kunst an der Bauhaus-Universität in Weimar studiert sie Regie an der Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg. Ihr erster Roman Elijas Lied (2020) erhielt den Debütpreis der lit.COLOGNE 2020 und ist für Das Debüt 2020 – Bloggerpreis für Literatur nominiert. Im Frühjahr 2021 erscheint ihr zweiter Roman Iva atmet. Sie lebt in Frankfurt am Main.

Chris Michalski, geboren 1976 in Clifton Springs, ist Autor und Übersetzer. Er ist Gründungsmitglied des Nachsteller Kollektiv sowie des Carminski_Hauser_Kollektiv. Nach Stationen in Montréal, Nowosibirsk, Salzburg, Heidelberg und Wien lebt und arbeitet er in Leipzig.

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